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die „Hamburger Nachrichten“ gerichtet. Er beginnt mit der Mitteilung, daß
der erste Kanzler des Reiches, Fürst Bismarck, am 70. Geburtstage seinem
Sohne Herbert sagte: „Den großen Erfolg meines Lebens verdanke ich im
Grunde dem, daß ich mich immer an den Vers gehalten habe: „Und setzet
ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein.“ Fürst
Bülow schreibt dann wörtlich:
„Diese Worte Schillers im Reiterliede gelten in diesem Augenblicke
für jeden Deutschen, sie gelten für die Ration. Heute geht es um Haus und
Hof, um Gegenwart und Zukunft, um die materiellen und die viel kost-
bareren ideellen Güter. Es geht um alles: Um die Früchte von 1870, um
das, was unsere Bäter vor 100 Jahren erkämpft, es geht nicht nur um das
junge Reich, unter dessen Schutz wir seit 43 Jahren leben, es geht auch um
das alte Preußen, für das der große König sieben Jahre im Felde stand.
es geht um die ganze ruhmvolle Vergangenheit bis in die fernsten Tage
unserer 2000jährigen Geschichte. Es kann nicht sein und wird nicht sein,
daß so viele Helden Kraft und Opfermut, so viel Wille und Geist, wie sie
aus der preußischen und deutschen Geschichte sprechen, umsonst aufgewandt
haben sollten. Nicht umsonst haben große, edle Geister für uns gedacht und
gekämpft, gearbeitet und gelitten. Heer und Flotte werden sich schlagen.
wie sich der Deutsche immer geschlagen hat. Wir sind im Rechte, wie wir es
1870 waren. Jetzt handelt es sich darum, den Platz in der Welt zu be-
haupten, auf den das deutsche Volk nach seiner Gesittung und Begabung.
nach seiner Arbeitskraft und nach seinen Leistungen für die Menschheit
einen Anspruch hat, den Platz, den man uns nicht gönnen und bestreiten will.
Je mehr Feinde uns umgeben, je widerwärtiger Ungerechtigkeit, Haß und
vor allem Neid emporzüngeln mögen, um so fester sei unser Mut. Denken
wir an die erhabene Gestalt unseres alten Kaisers, blicken wir auf Bismarck,
wie er, die Hand um den Griff des Schwertes gelegt, über dem Hambutger
Hafen steht. Denken wir an das Ziel, das wir erreichen müssen: einen
Ferieden, wert der ungeheuren Opfer, die das Vaterland in dieser Stunde
ordert. Den Blick auf dieses Ziel gerichtet, lassen wir uns weder durch
Erfolge, die Gott geben möge, in Sicherheit wiegen, noch durch Mißerfolge,
die Gott verhüte, entmutigen. Noch nie ist das deutsche Volk unterlegen.
wenn es einig war. Heute sind wir einig, dank auch dem Haß unserer Feinde.
der uns noch fester zusammenhämmert. Wir empfinden jetzt, wie gerina
die Unterschiede der Parteien sind, gemessen an dem, was uns gemeinsam
ist. Die Haltung des deutschen Volkes in dem Augenblicke, wo plötzlich
und unvermutet schwere Gewitter über uns niedergehen, ist über jedes
Lob erhaben, das anzuerkennen sei auch die Pflicht aller derjenigen, denen
deutsche Eigentümlichkeiten, die uns in der Vergangenheit Schaden brachten.
Sorge für die Zukunft einflößten. Heute müssen sich alle neigen vor dem
großen, deutschen Volk. Und wenn die Welt voll Teufel wär“', unser Volk
wird seinen Platz an der Sonne verteidigen und behaupten.“"“
Eine sozialdemokratische Stimme.
Die sozialdemokratische „Frankfurter Volksstimme“:
„Feinde ringsum, aber ein einiges Volk! Der Reichstag hat die ge-
waltigen Kriegskredite, hat alle Vorlagen einstimmig genehmigt. Die Not
des Augenblicks läßt alle Gegensätze zurücktreten. Die Gefahr, daß das Mos-
kowitertum Mitteleuropa überschwemmt, preßt alle Volksgenossen in eine
Verteidigungslinie. Aber düster und gewitterschwer ballen sich rings die.