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das allergrößte Unglück geschehen. Unsere braven Flieger sind, wenn nicht
von allen Seiten Ruhe und Besonnenheit bewahrt wird, den schwersten Ge-
fahren ausgesetzt. Es ist daher unter allen Umständen jedes Schießen aur
Luftfahrzeuge zu unterlassen.
Dem russischen Botschafter in Wien die Pässe zugestellt.
W.T. B. Wien, 6. August. Dem russischen Botschafter von Schebeko
wurden seine Pässe zugestellt. Der österreichisch-ungarische Botschafter in
Petersburg, Graf Szapary, wurde angewiesen, seine Pässe zu fordern und
womöglich noch heute Rußland zu verlassen.
Plünderung der deutschen Botschaft in Petersburg.
W.T.B. Petersburg, 6. August. (Ueber Kopenhagen.) Das Gebäude
der Deutschen Botschaft ist Gegenstand wüster Ausschreitungen gewesen. Es
wurde äußerlich beschädigt und im Innern zum Teil geplündert. Die Volks-
menge soll durch unwahre Nachrichten über rücksichtslose Behandlung der
Zarin-Mutter und des Großfürsten Konstantin auf deutschem Boden auf-
gereizt worden sein. Die Polizei verhaftete gegen hundert an den Aus-
schreitungen beteiligte Personen, die dem Kriegsgerichte zugeführt werden.
Die Zarin-Mutter ist bereits vor dem Kriegsausbruch nach Petersburg
zurückgekehrt. Also diese Entschuldigung trägt von vornherein den Stempel
der Entente-Verlogenhett an der Stirn. Vom Großfürsten Konstantin ist
in Deutschland überhaupt nichts bekannt geworden.
Ministerpräsident Salandra appelliert an die Klugheit der Italiener.
» W.T. B. Rom, 6. August.
Ministerpräsident Salandra hat an die Präfekten der Provinzen ein
Rundschreiben gerichtet, in dem er sie auffordert, die Verpflichtungen der
Neutralität genau zu beachten. Anwerbungen und Kundgebungen für oder
gegen die Kriegführenden zu verbieten und bei Uebertretungen strenge
Strafen zu verhängen. Unter den gegenwärtigen ernsten Umständen müsse
die Regierung allein die berechtigten Interessen des Landes wahren. Der
Ministerpräsident appelliert dann an die Vaterlandsliebe und die Klug-
heit der Italiener und hofft, daß es nicht notwendig sein werde, mit Straf-
maßnahmen einzuschreiten.
Der französische Friedensbruch.
440 Berlin, 7. August.
Das Telegramm des Herrn Reichskanzlers an den Kaiserlichen Bot-
schafter in Paris vom 3. August, 1.05 Uhr nachmittags, in dem Freiherr
von Schoen den Auftrag erhielt, infolge des Einbruchs französischer Truppen
auf deutsches Gebiet der französischen Regierung zu erklären, daß Deutsch-
land sich durch die französischen Angriffe in Kriegszustand versetzt sehe, ist
in Paris — vielleicht absichtlich — verstümmelt eingegangen, so daß es in
vielen Punkten unverständlich bleibt. Gleichwohl hat der Kaiserliche Bot-
schafter in richtiger Erkenntnis der Lage eine Erkläreung abgegeben, die im
wesentlichen dem Auftrag entspricht. Der Auftrag lautete folgendermaßen:
„Berlin, 3. August, 1.05 p. m. Deutsche Truppen hatten bis jetzt Befehl,
französische Grenze strengstens zu respektieren und diesen überall strikt befolgt.
Dagegen haben trotz Zusicherung der Zehnkilometerzone französische Truppen
schon gestern die deutsche Grenze bei Altmünstertal und auf Gebirgsstraße
in Vogesen überschritten und stehen noch auf deutsches Gebiet. Ein fran-
zösischer Flieger, der belgisches Gebiet überflogen haben muß, wurde bei dem