Full text: Thronverzicht nach deutschem Staatsrecht.

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nicht gegeben war. Sehr eifrig, und dies mit Recht, hat sich die 
Forschung aber der hochwichtigen Abdankung Kaiser Karls V. im 
Jahre 1556 angenommen. Wenig von einander abweichend sind 
die Berichte der Historiker über diesen Vorgang und es herrscht 
kein Streit darüber, ob der Verzicht zulässig war, sondern lediglich 
über die Zulässigkeit der Form, in der er vorgenommen wurde. 
In mehreren Abdankungsakten, die sich vom Juli 1554 bis zum 
Januar 1556 hinzogen, legte Karl V. seine Kronen nieder. Zu- 
nächst übertrug er die Herrschaft der italienischen, burgundischen 
und spanischen Lande seinem Sohn Philipp II.9) Um seinen 
Verzicht auf den deutschen Thron den Kurfürsten bekannt zu geben, 
„sandte Karl an diese, welche zu Frankfurt a. M. versammelt 
waren, Gesandte. Diese gaben den Kurfürsten von der Absicht 
des Kaisers in feierlicher Form Kenntnis. Ob Karl der Über- 
zeugung war, es bedürfe die Abdankung zur Rechtsgültigkeit der 
Zustimmung der Kurfürsten, ist nicht unzweifelhaft, wohl zweifellos 
ist jedoch, was für die juristische Betrachtung von größerer Er- 
heblichkeit ist, daß die Kurfürsten der Meinung waren, der von 
ihnen gewählte Kaiser könne ohne ihre Einwilligung nicht abdanken, 
eine Ansicht, die auch der römische König teilte“ 10). 
Hier tritt durch den lebhaften Widerstreit zweier Auffassungen 
der Gegensatz klar zu Tage, „ob die gänzliche Niederlegung der 
Crone durch den Keyser allein geschehen könne, oder sonst noch 
jemand darein bewilligen müsse und wer“ 11)2 Die Entscheidung 
dieser Frage erweckte den Kurfürsten das Bedenken, daß ein ge- 
fahrliches Präjudizu2) geschaffen werden könnte. Insofern wurde 
9) Gebhardt's Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. II, 5 15, 
S. 90. — Vergl. Ritter in der „Bibliothek deutscher Geschichte“, Bd. VIII, 
1. Halbband, S. 91. 
10) Abraham, Thronvexzicht S. 16. — Vergl. Ritter, Deutsche 
Geschichte, Bd. I, S. 91, 92. 
11) Abraham, Thronverzicht, S. 18. — Vergl. Pütter, Historische 
Entwicklung der heutigen Staatsverfassung des deutschen Reichs, 2. Teil, 
S. 1if — Von Frisch, Thronverzicht, S. 58. — Goldast, Politische 
Reichshändel, S. 167ff. 
12) Moser, Teil VII, S. 27 ff.
	        
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