Full text: Thronverzicht nach deutschem Staatsrecht.

— 25 — 
III. 
Voraussetzungen des Thronverzichts. 
1. Das Subjekt. 
Wer auf den Thron verzichten will, muß zunächst dispo- 
sitionsfähig sei. Wie für alle Willenserklärungen Geschäfts- 
fähigkeit die hauptsächliche Voraussetzung ist, so ist dies natürlich 
auch beim Thronverzicht der Fall. Diese Fähigkeit bestimmt sich 
nach den Hausgesetzen, gemäß dem Vorbehalt, der dem hohen 
Adel gemacht ist. Es ist daher der Verzicht eines Minderjährigen 
oder Geisteskranken nichtig. 
Es kann nun die Frage entstehen, ob ein Regent für den 
von ihm vertretenen Herrscher verzichten kann. Die Antwort 
muß verneinend sein, denn der Regent übt gar nicht eine eigene 
Gewalt aus, sondern die des von ihm vertretenen Herrschers. 
„Der Regent tritt nicht in das Jus des Königs als des alleinigen 
Trägers der Staatsgewalt ein. Nur soweit das exercitium der 
Staatsgewalt dem Könige gebührt, wird letzterer durch den 
Regenten ersetzt 35).“ 
Er hat das Recht aus der fremden Gewalt, nicht 
das Recht auf die fremde Gewatlts). 
Noch weniger als beim Regenten dürfte der Verzicht von 
Seiten eines Regierungsstellvertreters möglich sein, d. h. von 
Seiten einer nur vorübergehend mit der Wahrnehmung der Re- 
gierungsgeschäfte betrauten Persönlichkeit. Mit Recht lehnt deshalb 
Abrahamsk) die verfehlte Ansicht Rehms 38) ab, der den Stell- 
vertreter für berechtigt erachtet, für den Auftraggeber zu ver- 
zichten und selbst die Herrschaft zu übernehmen. 
Wir müssen, um zum richtigen Ergebnis zu gelangen, von 
dem Standpunkt ausgehen, daß das Recht, Herrscher zu sein, 
eine höchst persönliche und nicht übertragbare Befugnis ist. 
35) Hubrich, Preuß. Staatsrecht, § 9, S. 200. 
36) Graßmann im Archiv für öffentliches Recht, Bd. VI, S. 526. 
37) Thronverzicht nach deutschem Staatsrecht, S. 52. 
38) Rehm, S. 424, Modernes Fürstenrecht.
	        
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