Die Beantwortung der Frage, ob Gegenleistung erforderlich
ist oder nicht, ist abhängig von der Beantwortung der Vorfrage,
ob der Thronverzicht eine Regierungshandlung darstellt oder nicht.
Wenn er nämlich ein Regierungsakt ist, so ist die Gegenzeichnung
eine staatsrechtliche Notwendigkeit 42). Immerhin ist für das
preußische Staatsrecht noch folgendes zu merken: „Dieser Satz
des Artikel 44 preußische Verfassung von der Notwendigkeit der
ministeriellen Gegenzeichnung bei „allen Regierungsakten“ des
Königs ist nur ein Prinzip, für welches es einige Ausnahmen
gibt"3), z. B. das Recht, Orden und andere nicht mit Vorrechten
verbundene Auszeichnungen zu verleihen.
Unserer Ansicht nach haben wir es für unsern Fall nicht mit
einem Regierungsakt zu tun. Das Recht zur Vornahme von ein-
zelnen Regierungshandlungen ist nur ein Bruchteil der Regierungs-
gewalt in ihrer Gesamtheit. Es wäre ein logischer Fehler, das
Ausüben der Regierungsgewalt der Verfügung über die
Gesamtheit der Rechte des Monarchen gleichzustellen. Gleich-
gültig ist es hierbei, ob dem Herrscher die unbeschränkte Gewalt,
oder eine durch die Verfassung beschränkte Herrschaft zusteht, oder
ob ihm gar nur eine bestimmte Reihe von Regierungshandlungen
übertragen ist. Keinesfalls darf in der Handlung des Verzichtens
ein Ausüben der dem Herrscher zustehenden Gewaltfunktion an
sich erblickt werden.
Auch die Literatur hat sich in zwei Lager geteilt.
Die Ansicht von der Formfreiheit des Thronverzichts unter
Ablehnung des „Regierungsakts“ sehen wir vor allem vertreten
bei v. Seydel“), v. Frisch 45), Walz"6) und Meyert).
42) Val. Hubrich, Preuß. Staatsrecht § 9 S. 191.
43) Hubrich, Preuß. Staatsrecht § 9 S. 191. Vgl. Hubrich im
Arch. f. öffentl. Recht 22. Bd. S. 3563.
44) Bd. II S. 301 Anm. 2. Bayr. Staatsrecht bei Marquardsen.
45) Thronverzicht Kap. 4 S. 74ffK 4#
46) Staatsrecht des Großherz. Badens im „Offentl. Recht der
Gegenwart“ § 16 S. 46.
47) Staatsrecht S. 275 Anm. 2.