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IV.
Anfechtbarkeit des Verzichts.
Es ist die Möglichkeit zu erwägen, ob der Fürst nach er—
folgter Abdankung aus irgend welchen Gründen, analog den Be—
stimmungen des Privatrechts, die Abdikation anfechten könne.
Es handelt sich nicht um die Anfechtungsvoraussetzungen,
um Betrug, Irrtum, Drohung, die dem Privatrecht entlehnt
werden können, sondern um die Streitfrage, ob diese Voraus-
setzungen auch bei unserem Thronverzicht zum Erfolge führen dürfen.
Wir wollen die beiden hier bestehenden Gegenmeinungen
genauer betrachten. Auf der einen Seite geht Abrahams") von
dem Standpunkt aus, „es sei die Befugnis zur Ausübung der
Staatsgewalt durch den tatsächlichen Besitz derselben bedingt“,
und somit der die Anfechtung Wünschende gegenüber dem „beatus
possidens“ mit seinem Rechte ausgeschlossen. Dieser Ansicht
gegenüber kehrt aber von Schiller S5) den Grundgedanken der
Sittlichkeit im Recht hervor. Er führt aus, daß der oben er-
wähnte Satz nur insoweit anzuerkennen ist, „als er nicht dem
allgemeinen Rechtsbewußtsein entgegensteht, bezw. der Zustand
vom Volke ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt wird“.
Dies kann aber nicht überzeugen.
Niemals dürfen wir, obgleich wir den sittlichen Grund-
gedanken vollauf würdigen, vergessen, daß das ganze Recht eine
Schematisierung des Zweckgedankens ist, daß die Rechtssätze dazu
dienen, der Übung entsprechend die Lebensbedürfnisse zu regeln.
Und dann müssen wir, wenn wir dies berücksichtigen,
der Beweisführung Abrahams folgen, der mit der Begründung
fortfährt:
„Man vergegenwärtige sich einmal, daß bei Gelegen-
heit irgend eines Zivilprozesses nachgewiesen würde, daß
ein längst verstorbener Vorgänger des Herrschers eines
Landes, von dem der regierende Fürst abstammt, ein
64) Thronverzicht, Kap. V, S. J2ff.
65) Thronverzicht, Breslau 1910, §5 8, S. 35.