Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

* 142. Das Volksschulwesen. 297 
Diese Bestimmungen finden auch auf Nichtbadener Anwendung, soweit nicht durch 
Staatsverträge andere Bestimmungen getroffen sind. 
Das schulpflichtige Alter dauert vom sechsten bis zum vierzehnten Jahr. Es beginnt 
und endigt jeweils an Ostern gleichzeitig mit dem Anfang beziehungsweise dem Schluß des 
Schuljahres für Knaben sowohl als Mädchen, wenn sie bis zum nächstfolgenden 30. Juni 
(einschließlich) ihr sechstes beziehungsweise vierzehntes Lebensjahr zurücklegen. Für Kinder, 
welche schwächlich oder in ihrer Entwickelung zurückgeblieben sind, ist hinsichtlich des An- 
fangstermins ihrer Schulpflicht Nachsicht zu ertheilen. Mädchen müssen auf Verlangen 
ihrer Eltern oder der Stellvertreter derselben am Schlusse des Schuljahres schon dann aus 
der Schule entlassen werden, wenn sie bis zum nächstfolgenden 31. Dez. (einschließlich) ihr 
vierzehntes Lebensjahr vollenden werden. 
Kinder, die wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen nicht mit Erfolg am Unter- 
richt der Volksschule theilnehmen können, sind zum Besuche derselben nicht anzuhalten. Die 
Fürsorge für deren Unterricht wird durch besondere Gesetze geordnet. Kinder, welche in 
körperlicher, geistiger oder sittlicher Beziehung derart vereigenschaftet sind, daß deren 
Zusammensein mit anderen Kindern der letzteren Gesundheit oder Sittlichkeit gefährdet, 
können vom Besuche der Volksschule zeitweise oder dauernd entbunden oder ausgeschlossen 
werden. 
Wegen ungerechtfertigter Schulversäumniß eines Kindes ist gegen dessen Eltern 2c. 
zunächst mit kleineren Geldstrafen, dann nach Pol. Str. G. B. 8 71 (Haft bis zu drei Tagen 
oder Geldstrafe bis zu 20 Mk.) einzuschreiten. Die Eltern rc. haben das Kind auch mit 
den erforderlichen Büchern und Materialien zu versorgen. 
Für den Elementarunterricht soll in jeder politischen Gemeinde wenigstens eine Volks- 
schule bestehen. Die Oberschulbehörde kann aus erheblichen Gründen gestatten, daß für 
mehrere Gemeinden oder für Abtheilungen einer Gemeinde zusammen mit einer anderen 
ganzen Gemeinde oder Theilen derselben eine Volksschule gemeinsam gehalten werde. Wenn 
für mehrere Gemeinden eine gemeinsame Schule besteht, hat auf Antrag des einen oder 
anderen Theiles die Oberschulbehörde über die Trennung zu beschließen. Die Staats- 
verwaltungsbehörde kann auf Antrag der Oberschulbehörde verfügen, daß in einer Ge- 
meinde mehrere Schulen errichtet werden, wenn dies ein dringendes Bedürfniß ist. 
Diese Bestimmungen finden auch auf abgesonderte Gemarkungen sinngemäße An- 
wendung. · 
Der Unterricht in der Volksschule wird sämmtlichen schulpflichtigen Kindern gemein- 
schaftlich ertheilt, mit Ausnahme des Religionsunterrichtes, sofern die Kinder verschiedenen 
religiösen Bekenntnissen angehören. 
Die den politischen Gemeinden obliegende Verpflichtung kann weder im Ganzen noch 
zum Theile durch eine vorzugsweise zur Erfüllung konfessioneller Zwecke begründete Korpo- 
rationsanstalt geleistet werden. 
Die Errichtung, ebenso die Aufhebung einer Volksschule kann nur mit Genehmigung 
der Staatsbehörden erfolgen. 
b) Schulbehörden!). Die örtliche Aufsicht über die Volksschule, sowie die Ver- 
waltung des gesammten, auch des konfessionellen örtlichen Schulvermögens, werden durch 
den Gemeinderath unter Zuzug eines Ortspfarrers von jedem in der Schulgemeinde ver- 
tretenen Bekenntnisse, sowie des ersten Lehrers von jeder in derselben bestehenden Volks- 
schule geführt. Die Lehrer haben den Berathungen nicht anzuwohnen, wenn es sich um 
ihre persönlichen Verhältnisse handelt. 
––. — 
  
1) 8§ 10—13.
	        
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