831. Zusammensetzung der Zweiten Kammer. 55
zum Wählen Berechtigten nach Zu= und Vornamen, Alter, Gewerbe und Wohnort ein-
getragen werden. Nur Diejenigen sind zur Theilnahme an der Wahl berechtigt, welche in
die Listen aufgenommen sind .
Die Wahlhandlung, welcher die Einladung der Wahlberechtigten mindestens zwei
Tage vorausgehen muß, sowie die Ermittelung des Wahlergebnisses sind öffentlich und
geschehen vor versammelter Wahlkommission.
Das Wahlrecht wird in Person durch verdeckte, in eine Wahlurne niederzulegende
Stimmzettel ohne Unterschrift ausgeübt. Die Stimmzettel müssen von weißem Papier und
dürfen mit keinem äußeren Kennzeichen versehen sein. Sie sind außerhalb des Wahllokals
mit den Namen der Wahlmänner, welchen der Wähler seine Stimme geben will, handschrift-
lich oder im Wege der Vervielfältigung zu versehen.
Wer nach Ablauf des Abstimmungstermins die relative Stimmenmehrheit erhalten
hat, ist Wahlmann.
Wo mehrere Wahlmänner ernannt werden, sind es diejenigen, die unter allen übri-
gen die meisten Stimmen zählen, und zwar eben so viele, als der Distrikt zu wählen hat.
Bei eintretender Stimmengleichheit entscheidet das Loos. Eine freiwillige Abtretung
eines oder des andern Betheiligten wird nicht angenommen.
Ueber die Giltigkeit oder Ungiltigkeit der Wahlzettel beschließt die Wahlkommission
nach Stimmenmehrheit, vorbehaltlich der dem Bezirksrathe im Falle einer Anfechtung des
ganzen Wahlaktes mit Ausschluß des Rekurses zustehenden Entscheidung?).
Die Annahme des Wahlamtes kann von keinem Staatsbürger ohne hinlängliche Ur-
sache: als Krankheit, nothwendige Abwesenheit, verweigert werden ?.
3. Wahl der Abgeordneten. Die Abgeordnetenwahl geschieht unter der Leitung
eines für jeden Wahlbezirk besonders vom Großherzog ernannten Kommissärs in dem durch
die landesherrliche Verordnung') ein für alle Mal festgesetzten Wahlorte dieses Bezirkes
durch die hierzu gewählten Wahlmänner persönlich an dem Tage, welchen der Wahlkom-
missär hierzu bestimmt ). Die Ladung hierzu ist jedem Wahlmanne wenigstens sechs Tage
vorher schriftlich zuzustellen ".
Die Wahlmänner, welche mehr als einen Abgeordneten zu ernennen haben, wählen
einen Jeden durch besondere Wahl. Es kann nur dann zur Wahl geschritten werden, wenn
wenigstens drei Viertel der Wahlmänner, die der Bezirk zu stellen hat, gegenwärtig sind.
Bei einem wegen Ausbleibens von mehr als ¼ der Wahlmänner nothwendig gewordenen
zweiten Wahltag genügt das Erscheinen der Mehrheit der Wahlmänner des Bezirks?).
Die Wahlkommission besteht aus dem landesherrlichen Kommissär, aus den drei
jüngsten Wahlmännern, und wenn diese aus anzuerkennenden Gründen diese Funktion
ausschlagen, aus den im Alter zunächstfolgenden, und aus einem Notar des Wahlorts
oder des Wahlbezirks. Der Notar führt das Protokoll.
1) A.a. O. § 44. Diese Listen sind spätestens 4 Wochen vor dem zur Wahl bestimmten Tage
zu Jedermanns Einsicht aufzulegen und ist dies zuvor unter Hinweisung auf die Einsprachefrist
öffentlich bekannt zu machen. Einsprachen gegen die Listen find binnen 8 Tagen nach Beginn der
Auslegung bei der Behörde, welche die Bekanntmachung erlassen hat, anzubringen und innerhalb
der nächsten 14 Tage durch den Gemeinde-(Stadt-)rath, in streitigen Fällen durch den Bezirksrath,
zu erledigen. Bezüglich der Stimmberechtigung ist Klage bei dem Verwaltungsgerichtshof zulässig.
V.R.Pfl.G. § 3 Ziff. 18.
2) A. a. O. §s§ 45—47. 3) A.K a. O. § 52.
4) Ldh. V.O. v. 16. April 1870, G. u. V. Bl. Nr. XXV, S. 313.
5) In der Regel gemäß vorheriger allgemeiner Anordnung Seitens des Ministeriums des Innern.
6) Whl.O. (Ges. v. 25. Aug. 1876) §§ 53, 54.
) A. a. O. §§ 55—57. Die beim ersten Wahlgang Ausgebliebenen, soweit sie nicht durch le-
gale Hindernisse zu erscheinen abgehalten waren, haben die Kosten der Einberufung und Versammlung
zu tragen.