In der ersten Hälfte der 80er Jahre war ich auf Antrag des
Fürsten Bismarck in das Auswärtige Amt kommandiert worden, das
vom Grafen Herbert Biszmarck gelestet wurde. Der Fürst gab mir
bel melner Meldung bei ihm eine kurze Siizze der Bersönlichkelten
im Amt. Als er dabek Herrn v. Holstein nannte, der damals einer
der hervorragendsten Mitarbeiter des Fürsten war, klang es mir
durch die Worte des Fürsten wie elne Warnung vor diesem Manne.
Ich erhielt ein eigenes Zimmer und zum Studium die ganzen
Abten über die BVorgeschichte, die Entstehung und den Abschluß des
Bündnisses mit Osterreich (Andrassy). Ich verkehrte viel im Hause
des Fürsten und bei dem Grafen Herbert. Als ich in dem Bismarck-
schen Kreise vertrauter geworden war, wurde über Herrn v. Holstein
offener gesprochen. Er sei sehr gescheut, eine gute Arbetitskraft, maßlos
eitel, ein Sonderling, der sich niemals irgendwo zeige und keinerlei
gesellschaftlichen Verkehr habe, voller Mißtrauen und sehr von Schrullen
beherrscht, dabesl ein guter Hasser, also gefährlich. Der Fürst nannte
ihn den „Mann mit den Hpänenaugen“, von dem mich fern zu halten
ich gut tun würde. Offenbar reifte schon damals die herbe Krktik,
mit der der Fürst später seinen früheren Mitarbeiter bedacht hat.
Das Auswärtige Amt war ußerlich disziplinarisch durch Graf
Herbert, dessen Grobheit gegen seine Beamten mir auffiel, sehr scharf
aufgezogen. Die Herren flogen, wenn sie gerufen oder entlassen
wurden, vor dem Grafen so, daß, wie man damals scherzhaft sagte,
„ihnen die Rockschöße wagerecht vom Körper standen". Die aus-
wärtige Polstik wurde ganz allein vom Fürsten geleltet und dikttert,
nach Rücksprache mit dem Grafen Herbert, der die Befehle des
Kanzlers weitergab und in Instrukttonen umredtgieren ließ. So war
das Auswärtige Amt nur ein Büro des großen Kanzlers,
in dem auf dessen Weisung gearbeltet wurde. Hervorragende Männer
mit selbständigen Ideen wurden in ihm nicht geschult und ausgebtldet.
Im Gegensatz zum Generalstab unter Moltke. Hier wurde nach Grund-
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