Full text: Ereignisse und Gestalten 1878-1918

In der ersten Hälfte der 80er Jahre war ich auf Antrag des 
Fürsten Bismarck in das Auswärtige Amt kommandiert worden, das 
vom Grafen Herbert Biszmarck gelestet wurde. Der Fürst gab mir 
bel melner Meldung bei ihm eine kurze Siizze der Bersönlichkelten 
im Amt. Als er dabek Herrn v. Holstein nannte, der damals einer 
der hervorragendsten Mitarbeiter des Fürsten war, klang es mir 
durch die Worte des Fürsten wie elne Warnung vor diesem Manne. 
Ich erhielt ein eigenes Zimmer und zum Studium die ganzen 
Abten über die BVorgeschichte, die Entstehung und den Abschluß des 
Bündnisses mit Osterreich (Andrassy). Ich verkehrte viel im Hause 
des Fürsten und bei dem Grafen Herbert. Als ich in dem Bismarck- 
schen Kreise vertrauter geworden war, wurde über Herrn v. Holstein 
offener gesprochen. Er sei sehr gescheut, eine gute Arbetitskraft, maßlos 
eitel, ein Sonderling, der sich niemals irgendwo zeige und keinerlei 
gesellschaftlichen Verkehr habe, voller Mißtrauen und sehr von Schrullen 
beherrscht, dabesl ein guter Hasser, also gefährlich. Der Fürst nannte 
ihn den „Mann mit den Hpänenaugen“, von dem mich fern zu halten 
ich gut tun würde. Offenbar reifte schon damals die herbe Krktik, 
mit der der Fürst später seinen früheren Mitarbeiter bedacht hat. 
Das Auswärtige Amt war ußerlich disziplinarisch durch Graf 
Herbert, dessen Grobheit gegen seine Beamten mir auffiel, sehr scharf 
aufgezogen. Die Herren flogen, wenn sie gerufen oder entlassen 
wurden, vor dem Grafen so, daß, wie man damals scherzhaft sagte, 
„ihnen die Rockschöße wagerecht vom Körper standen". Die aus- 
wärtige Polstik wurde ganz allein vom Fürsten geleltet und dikttert, 
nach Rücksprache mit dem Grafen Herbert, der die Befehle des 
Kanzlers weitergab und in Instrukttonen umredtgieren ließ. So war 
das Auswärtige Amt nur ein Büro des großen Kanzlers, 
in dem auf dessen Weisung gearbeltet wurde. Hervorragende Männer 
mit selbständigen Ideen wurden in ihm nicht geschult und ausgebtldet. 
Im Gegensatz zum Generalstab unter Moltke. Hier wurde nach Grund- 
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