war Oberprästdent von Hannover. Mit einem älteren liberalen Ab—
geordneten, den ich durch Herrn v. Miquel kennen lernte, habe ich
besonders während der zweiten Hälfte meiner Regierungszeit nahe
Beziehungen gepflogen, es war Herr Seydel (Chelchen), Besitzer
eines Landgutes im Osten, ein Kopf, dem ein paar kluge Augen aus
dem glattrasierten Gesicht schauten. Er war Mitarbeiter Miquels in
Eisenbahn- und Kanalfragen, ein grundgescheiter, einfacher, prakti-
scher Mann, Liberaler mit konservativem Einschlag.
Mit der konservativen Partei bestanden naturgemäß zahlreiche Be-
ziehungen und Berührungspunkte, da die Herren vom Landadel auf
Hof= und anderen Jagden viel mit mir zusammentrafen oder zu Hofe
kamen, auch in Hofstellungen Dienst taten. Durch sie konnte ich
ausgiebige Ortentierung über alle Agrarfragen erhalten und hören,
wo den Landmamn der Schuh drückte.
Die Freisinnigen unter threm „unentwegten Führer"“ haben keine
Beziehung zu mir ausgenommen, sie beschränkten sich auf die Oppo-
sstion.
In den Gesprächen mit Benda und Bennigsen wurde oft über
die Zukunft des Llberglismus gesprochen. Dabei tat Benda einmal
den interessanten Ausspruch: „Es ist nicht nötig und auch nicht gut,
wenn der Thronfolger in Preußen in Lberalismus macht, das können
wir nicht brauchen. Er muß in larger und nicht beengter Weise
ohne Voreingenommenheit gegen andere Partelen doch im Grunde
genommen konservativ sein.“
Als ich mit Bennigsen die Notwendigkelt erörterte, daß die
Rattonalliberalen ihr Brogramm, das ursprünglich unter der Devise:
„Aufrichtung des Deutschen Reiches und Pressefreihelt“ die Mit-
glieder um die liberale Fahne geschart habe — was nun lange schon
erreicht sef —, revidferen müßten, damit die werbende Kraft des
alten preußischen Liberalismus beim Volke nicht verloren gehe, gab
Bennigsen das zu. Dle preußtschen Liberalen wie Konservativen,
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