Die Prüfung fand am 2. April 1873 um 11 Uhr vormittags im
Kronprinzenpalais im Lateinischen, Griechischen und in Mathematik
statt; die Examsnatoren waren Hinzpeter, Professor Rühle und drei
weitere Lehrer des Joachimsthalschen Gymnasiums, dessen Direktor
dem Abkte beiwohnte. Das Ergebnis der Prüfung war nach dem amt-
lichen Protokoll, sdaß Brinz Wilhelm die Reife für den Eintritt in die
Obertertia eines Gymnasiums in vollem Maße, in der Mathematik
aber die Kenntnisse eines guten Obertertianers besitzto.
Wer war froher als ich?! Abends durfte ich zur Belohnung
mit meinen Eltern ins Opernhaus gehen.
VII.
Einige Wochen danach, Ende April 1873, erhielt sch für das gut
bestandene Examen eine Belohnung ganz eigner Art: ich durfte
meine Eltern auf einer Reise begleiten, die für mich voll reichen Er-
lebens werden und mir viele neuartige Eindrücke vermstteln sollte.
Ich folge zunächst wieder meinem „Lebenslauf“:
Bald darauf reiste ich mit mesnen Eltern nach Wien zur Er-
öffnung der Weltausstellung. Auf der Reise verblieben wir einige
Tage in Prag, welche Stadt eine der ehrwürdigsten und merkwür-
digsten Städte ist, die sch kenne. Ich stand auf dem Boden, auf
welchem die Hussikenkriege und zkämpfe gespielt, auf welchem Wallen-
stein und Piccolomink gegangen sind.
Ich ging auf den Hradschin und stand am Fenster, an welchem
sozusagen der Dreißigfährige Krieg seinen Anfang nahm, aus welchem
nämlich Martinitz und Slawata von den Böhmen hinausgestürzt
wurden,) ich sah auch den Weisen Berg, an welchem das Schicksal
des neuen Böhmenkönigs bestimmt ward. Aber mit was für Ge-
danken trat ich in den Palast Wallensteins efn! Das also war das
Haus des weltberühmten Mannes, hier hatte er gelebt, seine Pläne
geschmiedet, auf dem Boden, auf dem sch ging, war er gegangen.
84