Der Verlauf des Manövers führte mich nach Hohenfinow, wo
ich beim alten Herrn von Bethmann Hollweg eingquartiert wurde.
Der Hausherr und seine edle, liebenswürdige Gattin empfingen
mich mit herzgewinnender Gastfreundschaft; im Kreise khrer spmpa-
thischen Familie habe ich schöne Stunden verlebt. Der alte Herr
brachte mich am Nachmittag auf meinen ersten Rehbock zu Schuß,
die Stelle, wo er Im Veuer zusammenbrach, ziert heute ein Findling
mit einer sungen Eiche. Da ich übrigens keine Zivilkleidung mit-
genommen hatte, lieh mir Bethmanns langer Sohn, der spätere Reichs-
kanzler, seine Joppe, die auf meinem Körper zur allgemeinen Er-
heiterung den Eindruck eines Sommerpaletots machte. Dse königs-
treue und tiefreligiöse Atmosphäre, die in dem Hause Bethmann
herrschte, berührte mich unendlich angenehm und hat mich später noch
oft nach Hohenfinow gezogen.
Nach Abschluß der Manöver begab ich mich zum Antritt meiner
Studien nach Bonn.
V.
Bevor ich mit der Erzählung meines Bonner Lebens beginne,
erscheint es mir angebracht, einige Ereignisse aus dem Jahre 1877
nachzutragen, die vielleicht des Aufzeichnens wert sind.
Im Frühfahr reisten meine Eltern mit mir nach Kiel zur Ein-
stellung meines Bruders Heinrich in die Marine. In Hamburg
wurde die Relse unterbrochen und in einem Hotel an der Alster
Quartier genommen. Bei einem Bankett in der Kunsthalle hatte
ich Gelegenheit, die Bildersammlung zu betrachten, in der einige sehr
schöne Seestücke des berühmten Seemalers Melbye meine Aufmerk-
samkeit fesselten. Ich hatte mir eine Sammlung von Photographien
seiner Bilder angelegt und war nun erfreut, hier einige im Original
bewundern zu können.
Am nächsten Tage begleitete ich meinen Bater zur Besichtigung
der in Hamburg-Alkona garnisonterenden Truppen. Als die Ge-
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