Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

war, wußten wir wohl. Wir ahnten aber damals nicht, daß er ge— 
rade in jenen Tagen angesichts der feindlichen Haltung Rußlands 
und der drohenden Gefahr eines russisch-französischen Bündnisses einen 
engen Bund zwischen Deutschland und Osterreich-Ungarn vorbereitete 
und nun bei seinem kaiserlichen Herrn auf den heftigsten Widerstand 
stieß. Meinem Großvater erschien ein solches Bündnis gerädezu als 
Felonie gegenüber Rußland. Ich habe den am 7. Oktober schließlich 
doch geschlossenen Bündnisvertrag, ebenso wie den Dreibundvertrag 
von 1882, erst während meiner späteren Tätigkeit im Auswärtigen 
Amt kennen gelernt. 
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Während noch um das Zustandekommen des Zweibunds gekämpft 
wurde, war ich mit meiner Mutter und meinen Schwestern in Be— 
gleitung Seckendorffs und meines Vaters Adjutanten Rittmeister 
Freiherrn v. Nyvenheim zu meiner ersten Italienreise aufgebrochen. 
Mein Vater kam von Baden-Baden aus, wo der Kaiser damals 
weilte, am 1. Oktober nach. Wundervolle Eindrücke empfing ich von 
dem Lande, dessen südliche Schönheit und klassische Erinnerungen auch 
ich von Jugend auf „mit der Seele gesucht hatte. 
Nie vergessen werden wird Venedig mit seinen Kirchen und Palästen, 
die meine Mutter genau kannte, mit dem Canale Grande und der 
Seufzerbrücke, auch nicht jene märchenhafte nächtliche Gondelfahrt, 
die uns gerade vor den Dogenpalast führte, als leuchtend die Sonne 
wieder aufging. Bon Venedig aus siedelten wir nach Begli über, 
einer wundervollen Ortschaft bei Genua, wo wir im Hotel Egli, dem 
früheren Palazzo Lomellini, gewohnt haben. Unter den über alle 
Beschrekbung schönen Besitzungen sener Gegend ist mir besonders die 
dem Marchese Durazzo gehörige Villa Pallavicini in Erinnerung 
geblieben. Mächtige Wasserkünste spielten in dem schönen Bark, von 
dem aus sich eine weite Aussicht auf das Meer bot. Meine Mutter 
fand hier manch prächtigen Vorwurf zum Malen. 
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