Publikums bekannt, den Fürstlichkeiten, die die Loge betraten, eine
Ovation darzubringen, diese müßte mit Front gegen das Publikum
regungslos entgegengenommen werden. Und so geschah's, laute Eljen—
rufe begrüßten uns. Es wurde ein ungarisches Schauspiel der Gegen—
wart aufgeführt, in welchem eine bei den Budapestern sehr populäre
schöne Schauspielerin namens Blahané, die vortrefflich sang, auftrat.
Sie brachte im Laufe des Stücks ein wunderhübsches, in Ungarn
viel gesungenes Volkslied „Mädchen von Körösch“ zum Vortrag.
Dies sollte eine Huldigung für den Kronprinzen sein, dessen Lieb-
lingslied es war und das er oft vor sich hin pfiff oder sang. Das
Publikum war begeistert, und der donnernde Beifall der Zuschauer
veranlaßte die Blahané zu mehrfacher Wiederholung. Es war inter-
essant, die leicht entzündbare Begeisterungsfähligkeit des intelligenten
ungarischen Bolkes zu beobachten, dessen auf heißer Baterlandsliebe
begründeter Nationalstolz es zu den höchsten Leistungen befähigt. Ich
stand unter dem Eindruck, daß es bet richtigem Verständnis für seine
Eigenart und Eingehen auf seine Ziele nicht schwer zu leiten sein müsse.
In späteren Jahren habe ich mehrfach diese Frage mit meinem und
meines Baterlandes treuestem ausländischen Greunde, dem Botschafter
von Szögyéni, besprochen. Er gab mir darin völlig recht, bemerkte
aber einschränkend, der westliche Barlamentarismus sei für die Ungarn
ein absoluter Berderb. Er habe auch dem großen Andrasspy viel
Berdruß bereitet und ihm das Leben schwer gemacht. Man müsse
sich eben klar sein, daß die mannigfachen, dem Nichtungarn oftmals
völlig unverständlichen parlamentarischen Ereignisse, wie plötzliche Mi-
nisterkrisen, Lärmszenen u. a., auf die alten, noch aus dem Mittelalter
herstammenden Rivalitäten der führenden ungarischen Magnatenfami-
lien zurückzuführen seien, die an Stelle des Turniers oder der Privat-
fehde vergangener Jahrhunderte den Kampf nunmehr in die Arena
des Parlaments verlegt hätten. Hlerbei sei die Rolle der ungari-
schen Frauen nicht zu unterschätzen, die durch ihr leidenschaftliches
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