Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

(Sohn) von Preußen mit seinem Adjutanten Graf Schulenburg, 
Prinz Friedrich und Prinzessin Luise der Niederlande (Schwager 
und jüngste Schwester meines Großvaters) mit ihrer Tochter Marie, 
der späteren Fürstin Wied, und Großherzogin-Mutter Alexandrine von 
Mecklenburg-Schwerin, die zweitälteste Schwester Kaiser Wilhelms I. 
Meln Bater war zu Anfang unseres Aufenthaltes mit seinem Schwa- 
ger, dem Großherzog Ludwig von Hessen, im Ortent, um an der Ein- 
weihung des Suczanals teilzunehmen. 
Sieben Monate lang, von Mitte Oktober 1860 bis Mitte 
Mai 1870, blieben wir in Cannes, wo das Land mit der wunder- 
vollen Flora der Rivkera mir als ein Paradies erschien. Den 
ganzen Winter hindurch blühende Kaktuspflanzen, Aloes, Rosen, 
Tuberosen und im Frühjahr Anemonen in allen Farben des Regen- 
bogens im Freien wachsen zu sehen, Korkeichen und Erdbeerbäume (ich 
wußte später, was Horaz mit seiner arbutus meintel), Pinien und 
Oliven, Balmen und SBananen, die ich bisher nur im Treibhaus des 
Botanischen Gartens ihr Dasein hatte fristen sehen —: das waren 
Wunder, die mir erst unfaßlich vorkamen. Und zu alledem noch 
das unendliche Meer, in Blau und Grün leuchtend unter dem strahlen- 
den Himmel des Südens: wie lebte der Knabe auf, wie weitete sich 
ihm die Brust! 
Cannes war damals noch ein vom Rivieraleben unberührter 
Ort mit einigen Hotels und einer Anzahl meist englischer Privat- 
villen. Die englische Kolonie war von einem alten Mr. Woolfield 
gegründet und mit einer schönen Kirche beschenkt worden. Durch den 
Verkehr in seinem gastfreien Hause gab meine Mutter uns Kindern 
Gelegenheit, mit englischen Kindern bei Tee und Spiel zusammen- 
zukommen und uns in der Sprache zu üben. Sonntags gingen wir 
entweder in die englische Kirche oder in den deutschen Betsaal, da 
ein relcher Deutscher sich noch nicht gefunden hatte, um nach britischem 
Muster seinen Landsleuten zu einer Kirche zu verhelfen. Wir ver- 
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