Uber die Reise des nächsten Sommers weiß mein „Lebenslauf"
folgendes zu berichten: Im Sommer des ZJahres 187/ 2 reiste ich mit
meinen Geschwistern ohne unsere Eltern nach dem Seebad Wok auf
Vöhr. Hier feierte mein Bruder Heinrich seinen zehnten Geburtstag,
an welchem er in die Marine eintrat. Um ihn zu feiern, war ein
Kanonenboot „Blitz“ gekommen, und dieses salutierte dann auch dem
neuen Mitglied der Marine.=
Diese kargen Mitteklungen sind nach mehreren Richtungen hin zu
ergänzen. Vor allem haben die Fahrten nach den Halligen den größten
Eindruck auf uns gemacht. Die schwermütige Landschaft, die festen Men-
schen von ebenso schwerem Schlag, die wunderhübschen Trachten der
Landleute, die vielen Herden — das alles war uns etwas völlig Neues.
Es machte uns Kindern besonderen Spaß, daß wir über die Gräben in
der Marsch mit großen Sprungstangen setczen mußten. Und was für
prächtige Menschen haben wir da nicht kennen gelernt! Ich entsinne
mich noch vornehmlich des Bauern Schmidt-Tochsen, der eindrucks-
vollen Persönlichkeit eines topischen Marschbauern. Er wohnte bei
Dagebyll, und wir haben ihn stets besucht, wenn wir nach der schönen
Insel kamen. Zu berichten ist ferner noch, daß Heinrich und ich bei
Professor Magnussen, der bei Woyk ein Bauernhaus als Atelier ein-
gerichtet hatte, Zeichenunterricht nahmen. Unsere Modelle waren alte
Frauen — alte Schiffe wären mir lieber gewesen! Magnussen hatte
in Schleswig eine Holzschnitzereischule begründet, die meine Eltern
unterstützten. Sein Sohn Harro wurde Bildhauer und hat unter
anderem die Skulptur Friedrichs des Großen, die bis vor kurzem
im Sterbezimmer zu Sanssouci seand, sowie das Denkmal Roons
auf dem Königsplatz in Berlin geschaffen.
Kurze Zeit nach dem erwähnten Geburtstagsfeste Heinrichs machten
wir eine Fahrt auf dem Kanonenboot „Blitz“ mit. Sein Komman-
dant, Kapitänleutnant Gloms#da v. Buchholtz, zeigte uns unter anderem
das große schwere Geschütz, das in der Mitte des Kanonenboots
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