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1. Das Recht des Bundesrates
zum Erlaß von Verwaltunsvorschriften
auf Grund d. Art. 7 Ziff. 2.
Der Art. 7 Ziff. 2 d. R. weist dem Bundesrat die Be-
fugnis zu, Beschlüsse zu fassen „über die zur Ausführung der
Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften
und Einrichtungen, sofern nicht durch Reichsgesetz etwas anderes
bestimmt ist.“ Mit Recht hat man aus dieser Bestimmung die
Berechtigung des Bundesrates zum Erlaß von Verwaltungs-
verordnungen abgeleitet. Die verschiedenartigen Ansichten über
den Verordnungsbegriff zwingen jedoch dazu, im folgenden
kurz auf das Wesen der Verordnung einzugehen.
Durch die Frage nach dem Begriff und dem Wesen der
Verordnung werden wir auf ein in der Theorie viel umstrittenes
Gebiet, auf die Abgrenzung von Gesetz und Verordnung, ge-
führt. Die herrschende Lehre, deren Begründung das große
Verdienst Labands 17) ist, unterscheidet zwischen Gesetz im
materiellen und Gesetz im formellen Sinn. Im materiellen Sinn
ist es „die rechtsverbindliche Anordnung eines NRechtssatzes“ 18),
im formellen Sinne dagegen eine staatliche Willensäußerung
in Form des Gesetzes, die im Verfassungsstaat unter Mit-
wirkung der Volksvertretung ergeht. Der Hauptgegner der
herrschenden Lehre des Gesetzes= und Verordnungsbegriffes ist
Arndt. Dieser will bestreiten, daß das Gesetz sowohl in der
Reichsverfassung wie in der preußischen Verfassungsurkunde
einen materiellen Inhalt habe; es sei vielmehr lediglich ein
formeller Begriff, und zwar sei Gesetz in Preußen alles, was
der König in Abereinstimmung mit dem Landtag anordne 150),
im Reiche dagegen ein übereinstimmender Mehrhbeitsbeschluß
von Reichstag und Bundesrat, der ohne Rücksicht auf den
Inhalt nach erfolgter Sanktion durch den Bundesrat vom
17) Staatsrecht, Bd. II S. 85ff.
18) Ebenda S. 2.
19) Arndt, Selbständ. Verordnungsrecht, S. 279.