Full text: Der Bundesrat als Reichsorgan.

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Kaiser ausgefertigt und verkündet sei 20). Demgegenüber hat 
Hubrich in einer eingehenden Antersuchung den Nachweis 
erbracht, daß gerade die von Arndt für seine Ansicht als 
Gewährsmänner benannten Schriftsteller durchaus auf dem Bo- 
den des materiellen Gesetzesbegriffes stehen 21) und daß die 
Rechtsprechung auch für die Zeit nach Erlaß der preußischen 
Verfassungsurkunde diesen materiellen Begriff ihren Entschei- 
dungen zugrunde gelegt hat 22). 
MaacW alledem wird man für das verfassungsmäßige Staats- 
recht in Dreußen den Anterschied zwischen Gesetzen in ma- 
teriellem und in formellem Sinne als bestehend anerkennen 
müssen. Berücksichtigt man ferner, daß Art. 5 d. RV. dem 
Art. 62 der preußischen Verfassungsurkunde nachgebildet ist, so 
muß man dieselbe Bedeutung wie dem Art. 62 d. preuß. Ver- 
fassungsurkunde auch dem Art. 5 d. RW. beilegen und also auch 
für das Reich den Anterschied zwischen Gesetz im materiellen und 
formellen Sinne annehmen. 
Diesem SDoppelbegriff des Gesetzes stellt Laband nun 
den Doppelbegriff der Verordnung gegenüber. Die materielle 
Verordnung enthält keinen Rechtssatz, sondern ist eine An- 
ordnung auf dem Gebiete der Verwaltung, eine Ausübung der 
freien Regierungstätigkeit oder der Gesetzesvollziehung 23). Als 
formelle Verordnungen bezeichnet man die von ihrem Inhalt 
losgelösten Willensakte des Staates, an derem Erlaß der Volks- 
vertretung eine Mitwirkung nicht zukommt. Da der formelle 
Verordnungsbegriff im Gegensatze zum formellen Gesetzesbegriff 
alle Willensakte des Staates umfaßt, die sich im Wege der 
Verordnung vollziehen, so zerfallen die Verordnungen im 
formellen Sinne ihrem Inhalte nach in Rechtsverordnungen und 
Verwaltungsverordnungen. « 
  
20) Arndt, Staatsrecht, S. 162. 
21) Hubrich, in Annalen S. 804aff. 
22) Ebenda S. 808ff. 
23) Siehe Laband, Staatsrecht, Bd. 1I S. 85.
	        
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