110 Zehntes Kapitel
wacht“ 5. März.) „Deutschland erscheint also hier direkt als Unterdrücker
einer sozialistischen Revolution, darüber hilft das ganze Gerede der
„Norddeutschen‘ nicht hinweg“. („Breslauer Volkswacht“ 6. März.)
Die „J. K.“ fürchtete, „daß die deutschen Waffen hier zu reaktionär=
kapitalistischen Zwecken mißbraucht werden“.
Nur wenige Blätter vermochten die östlichen Fragen in ihrer welt-
politischen Bedeutung von einer höheren Warte aus zu betrachten oder
wenigsteno den vaterländischen Gesichtspunkt in den Vordergrund zu
rücken. So bekannte die „Schlesische Bergwacht“ freimütig, im ÖOsten
atme man freier auf, seit die russische Gefahr beseitigt sei; die deutschen
Sozialisten müßten endlich die Dinge sehen, wie sie sind, zumal die
Sozialisten der feindlichen Länder durchweg in nationalen Dingen sta-
biler seien als die deutschen. Ahnlich äußerte sich Heilmann in der
„Glocke“ (16. März).
Der Gedanke einer Kreditverweigerung tauchte wieder auf. Die
Gruppe um die „Breolauer Volkswacht“, die „Münchener Post“ (Kampf-
meyer), der Abg. Wendel („Frankfurter Volksstimme“) und der erst
während des Krieges zur Sozialdemobratie übergetretene Frankfurter
Rechtsanwalt Hugo Sinzheimer verlangten Ablehnung oder mindestens
Abhängigmachung der Bewilligung von befriedigenden Erklärungen der
Regierung über ihre fernere Kriegszielpolitik. Gegen diese Versuche,
eine Schwenkung der Partei herbeizuführen, also für Beibehaltung des
bisherigen Kurses, traten auf: „Hamburger Echo“, die Blätter von
Mainz, Bielefeld, Bremen, die „J. K.“.
Zwischen beiden lavierte Stampfer. Die weitere Kreditbewilligung
hielt er auf Grund der Lage im Westen für erforderlich, in der Frage
der Zustimmung zu den Friedensverträgen hatte er sichtlich selbst keine
innere Klarheit.
Ahnlich verhielt sich der Parteiausschuß, der in eingehenden Be-
ratungen das Für und Wider der Abstimmungsweise besprach, schließ-
lich aber der Fraktion freie Hand ließ. Bei der Ende des Monats statt-
findenden Absitimmung wurden von ihr die Kredite gegen 14 Stimmen
angenommen, ebenso der Friede mit Finnland und der Ukraine. Gegen-
über dem Vertrage mit Großrußland enthielt sie sich der Stimme.
Mit derselben Lebhaftigkeit, mit der gegen die Angliederung Kur-
lands Einspruch erhoben wurde, wurde die Agitation für eine ganz
eindeutige Verzichterblärung auf Belgien ohne jedweden Vorbehalt fort-