120 Zwölftes Kapitel
Politik tun wolle, um sich einen Weg zu bahnen“. (Helfferich „Der
Weltkrieg“, Band III).
Die darauf folgenden Redner, die Herren Gröber (Zentrum) und
Dr. David (Soz.) gingen auf die Rede des Staatssekretärs überhaupt
nicht ein. Sehr scharf aber griff ihn Graf Westarp (Kons.) an, der
ihm vorwarf, der Siegeszuversicht des Heeres einen schweren Stoß
versetzt zu haben.
Am nächsien Tage desavouierte der Reichskanzler deutlich die Aus-
führungen Herrn v. Kühlmanns; dieser selbst versuchte sich dahin zu
interpretieren, daß er den militärischen Erfolg als Vorbedingung jeder
diplomatischen Verhandlung steto angesehen und bezeichnet habe.
Daß nach diesen Vorgängen die Tage Herrn v. Kühlmanns alo
Staatssekretäro des Auswärtigen gezählt waren, lag auf der Hand.
Andere dachte die Sozialdemokratie.
Die erste Rede des Staatosekretärs wurde von ihr günstig aufge-
nommen, die zweite nicht.
Das „Hamburger Echo“ (25. Juni) sah in v. Kühlmann einen
„Mann des Ausgleichs“, der alo solcher, „wenn man ihn schalten und
walten ließe, wohl ohne größere Mißgriffe der Sache des Friedens
dienen“ würde. Der „Vorwärts“ (25. Juni) zollte der „Klarheit und
Offenheit, mit der er ausgesprochen hat, daß dieser Krieg nur durch
Verständigung zu beenden ist, volle Anerkennung.“
Nach der Rede vom 2". Juni sprach das „Hamburger Echo“
(26. Juni) von einer „Ehrenbezeigung vor jener alldeutschen Richtung,
die sich ihm (K.) gegenüber schwerlich zu derselben Höflichkeit herbei-
lassen würde.“ Doch habe v. Kühlmann, auf dessen Seite die ganze
Macht der Tatsachen stände, noch nicht den Kürzeren gezogen. Auch
die „Schwäbische Tagwacht“ (26. Juni) neigte der Auffassung zu, daß
„erfreulicherweise in sachlicher Hinsicht kein Rückzug vorliege.“
Ernster sah die „Fränlische Tagespost“ (26. Juni) die Lage an,
indem sie, zugleich mit starker Betonung der in der gesamten sozialdemo-
kratischen Presse zutage tretenden Ansicht, daß übermäßige politische
Einflüsse der O. H. L. vorlägen, andeutete, daß Graf Hertling den
Staatssekretär fallen lasse.
Der „Vorwärts“ aber (27. Juni) verwahrte sich sebr dagegen,
fur von der Rechten und den Nationalliberalen ausgehende Versuche,
v. Kühlmann zu stürzen, in Anspruch genommen zu werden, und am