Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Zweiter Band. Heer und Heimat 1914-1918. (2)

Beim Kaiser 170 
blieb dem General-Gouverneur überlassen. Erleichterungen sollten na- 
mentlich im Briefverkehr und Paßwesen erstrebt werden. 
Zuletzt wurde die elsaß-lothringische Frage erörtert. Hierbei legten 
die militärischen Stellen besonderes Gewicht darauf, zu erfahren, welche 
Pläne man bei der Reichsregierung hinsichtlich der Jukunft dieses Lan- 
dec habe. General Ludendorff gab seiner Ansicht für die Behandlung 
dieser Frage in den schönen Worten Ausdruck: 
„Elsaß-Lothringen muß ein deutsches Land werden, und in 
diesem Lande sind deutsche Soldaten zu erziehen.“ 
Der Vertreter der Regierung war nicht in der Lage, über die 
Absichten der Reichsleitung Auskunft zu geben. Der Reichskanzler ließ 
auch auf einer späteren Besprechung erklären, daß er nichts Bestimm- 
teg sagen könne. 
In der nächsten Zeit führten mich Reisen in die Champagne zur 
3. Armee, General v. Einem, zum General-Gouvernement nach 
Brüssel, und Mitte Mai im Verein mit dem Kriegominister v. Stein 
in das Große Hauptquartier nach Kreuznach. Hier trafen wir eine 
österreichische Abordnung unter Graf Czernin. Zum Frühstück waren 
wir beim Kaiser geladen, der sehr frisch aussah und mich huldvoll be- 
grüßte. Er meinte, daß ich schlecht aussehe, womit er wohl recht gehabt 
haben mag. Seine Majestät unterhielt sich nach dem Essen sehr lange mit 
den österreichischen Herren, so daß wir erst um 3½ Uhr entlassen 
waren. Um 4 Uhr empfing mich General Ludendorff, mit dem ich eine 
mir unvergeßliche Aussprache hatte, die sich auch auf die Leistungen 
des Departements erstreckte. Die anerkennenden Worte freuten mich 
besonders wegen meiner treuen Mitarbeiter. 
Ale ich abendo in den Salonwagen stieg, fand ich einen Korb But- 
terbrote und einige Flaschen Wein — aus der Kaiserlichen Hofküche — 
vor. Seine Majestät hatte sich in rührender Weise meines schlechten 
Aussehens erinnert. 
Anfang Juni war ich zum Unterrichtskursus in Sedan komman- 
diert. Diese Kurse — einen zweiten gab es noch in Valenciennes — 
waren von der O.,H.L. eingerichtet, um höhere Offiziere und besonders 
Generalstabsoffiziere mit den neuesten Erfahrungen auf dem Gebiete 
der Taktik und Technik vertraut zu machen. Es war eine sehr nutz- 
bringende Einrichtung, deren Wert und mustergültige Leitung allgemein 
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