12 Erstes Kapitel
unserer Truppen erweckten große Begeisterung in Berlin. Der Sieg
der Armee des General-Obersten v. Heeringen, des früheren, bei allen
Stellen des K. M. hochverehrten Kriegsministers, bei Mühlhausen rief
im Hause großen Jubel hervor.
Ich hatte tägliche Besprechungen für die Herren des Kriegs-
ministeriums eingerichtet, bei denen ich die Lage erörterte. Sie fanden
Anklang und waren sehr besucht. Ich mußte sie später einstellen, da
mir die nötige Zeit fehlte, und ein der großen Zahl der Zuhörer ent-
sprechender Raum im Gebäude des Ministeriums nicht zur Verfügung
stand.
Leider wurden wir von der O. H.K. sehr schlecht mit Nachrichten ver-
sorgt. Die Zeitungen brachten das Neueste oft besser und schneller,
als es das Kriegsministerium erfuhr. Erst auf wiederholte Vorstellun=
gen erhielten wir tägliche Berichte.
Voll Bewunderung verfolgten wir auf der Karte den Siegeslauf
unseres Heereo. Die Marschleistungen besonders der Armee Kluck legten
Jeugnis ab von dem Wert der Truppe und dem Willen eines Jeden.
Hatten über die hervorragende Kriegsbrauchbarkeit der aktiven Armee
nirgends Zweifel bestanden, so waren die Ansichten über die Reserve-
korps doch sehr geteilt gewesen. Um einen Maßstab für die an solche
Formationen im Kriege zu stellenden Anforderungen zu erhalten, waren
im Frieden wiederholt größere lUbungen gemacht worden, die letzte große
1913 im Thüringer Wald. Das Gesamtergebnis war im großen und
ganzen günstig. Der Chef des preußischen Generalstabes hatte für
den Kriegsfall im allgemeinen keinen Unterschied zwischen der Verwen-
dung von Reservekorps und von aktiven Korps vorgesehen — trotz
vielfacher Warnungen hoher Militärs. Besonders war es der Chef des
bayerischen Generalstabes, der mir gegenüber seine ernstesten Bedenken
geltend machte. Der Große Generalstab sollte Recht bekommen. Die
im Anfang des Krieges fast ganz aus Reservisten bestehenden Reserve-
formationen haben sich vorzüglich bewährt. Es war eben der ernste,
heilige Wille, der jeden Deutschen beherrschte, sein Haus und seinen
Herd gegen den Feind zu verteidigen, und der über alle Schwierigkeiten
hinweghalf. Es waren die vorzügliche Friedensausbildung und Disziplin,
die der Truppe den militärischen Wert verliehen. Und wie oft hatte man
im Frieden die strenge Handhabung der Disziplin angegriffen, den Drill
verspottet! Wie glänzend hatte sich auch in diesem Kriege das Wort