Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Dritter Band. Wehr und Waffen 1914-1918. (3)

122 Achtes Kapitel 
Als mit dem Stellungekrieg ruhigere Verhältnisse eintraten, wurden 
die beschaffenden Stellen angewiesen, Aufträge nur an Selbsthersteller 
zu vergeben und hierbei das kleine Handwerk heranzuziehen, sich der 
Vermittelung der Gewerbeinspektionen und der berufenen Vertretungen 
der Handels= und Handwerkskammern zu bedienen und der Preisprü- 
fung eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Gegen unlautere Machen- 
schaften wurde mehrfach strafrechtlich eingeschritten. Sehr zahlreich 
sind die Fälle, in denen Zwischenhändler und unlautere Elemente von 
sämtlichen Lieferungen und Leistungen ausgeschlossen wurden. In minder 
schweren Fällen fanden Verwarnungen statt. Die Beteiligung von 
Sachverständigen in größerem Maße bei Vergebung von Lieferungen 
hatte Erfolg. 
Die vielfachen Einzelanordnungen fanden schließlich in den „Be- 
schaffungsgrundsätzen im Kriege“ ihren Niederschlag. Hiernach sollten 
möglichst weite Kreise der Privatindustrie herangezogen werden. Die 
Vergebung von Aufträgen an Agenten, Vermittler oder Zwischenhänd- 
ler wurde verboten. Die Firma, die den Auftrag erhielt, hatte zu er- 
klären, daß sie keinerlei Provision dafür an Vermittler usw. zu be- 
zahlen habe. Die Notwendigkeit für die Hauptlieferer, handelsübliche 
Teile oder solche, die in der Hausindustrie gefertigt wurden, durch Ver- 
mittelung beruflicher Agenten und Händler zu beziehen, wurde hierdurch 
nicht berührt. Die Tätigkeit derjenigen Agenten, die schon im Frieden 
beruflich die Vertretung für große Firmen übernommen hatten, sollte 
und konnte nicht unterbunden werden. Als dringend notwendig erwies 
sich die Anordnung, daß die Vergebung von Aufträgen gleichartigen 
Materials nur von einer Stelle zu erfolgen habe. Das im Anfang des 
Krieges durch die besonderen Umstände gebotene Beschaffungsverfahren 
hatte teilweise zu gegenseitiger Konkurrenz und Preistreiberei geführt. 
Außerdem hatte es eine erhebliche Erschwerung in dem Verkehr zwi- 
schen Unternehmer und Beschaffungsstelle verursacht. 
Diese Vereinheitlichung wurde dauernd und mit Erfolg weiter 
angestrebt, bis sie schließlich zur Schaffung des Waffen= und Muni- 
tionsbeschaffungsamtes führte, das allmählich für die Deckung des 
Gesamtbedarfes nach einheitlichen Gesichtspunkten verantwortlich wurde. 
Die Beschaffungen für Ingenieur= und Meonierbedarf traten bald hin- 
zu, dagegen blieben die für Luftfahr-, Verkehrs= und Nachrichtenwesen 
wegen ihres besonderen Charakters noch abgezweigt, doch hatten die
	        
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