Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Dritter Band. Wehr und Waffen 1914-1918. (3)

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genommen worden. Der neue Reichskanzler, Prinz Max von Baden, 
machte sie dem Reichstag als eins der ersten, die Schwäche der Regierung 
dartuenden Zugeständnisse zum Geschenk. 
In voller Verkennung der Verhältnisse, aber getreu den über- 
lieferungen deutsch-demokratischer Staatsweisheit schwächte man die 
militärische Macht, die einzige Stütze der Regierung, anstatt sie auf 
jede nur denkbare Art zu stärken. Die Militärdiktatur, von der heute 
die Demokratie mit Vorliebe spricht, hat es leider im Kriege niemals 
gegeben, sonst wäre manche Schwächlichkeit unterblieben, mancher Vor- 
stoß gegen die Sicherheit des Reiches im Keime erstickt worden. 
Alle meine Bemühungen, im Sinne einer Diktatur zu wirken, 
waren vergeblich. Ich kann nicht leugnen, daß mir oft der Vedanke 
gekommen ist, selbständig zu handeln und dazwischenzufahren. Wie oft 
fiel mir das Wort ein: „Sturm möcht' ich sein und all das Kranke 
dieser Zeit zerschlagen, daß der Tod draus schreit,“ aber hatte ich nicht 
im Eide Gehorsam dem Kaiser und König gelobt! 
Bald gemachte Erfahrungen ergaben, daß in dringenden Fällen doch 
eine größere Selbständigkeit der Militärbefehlshaber notwendig war. 
Darüber wurde mit dem Staatssekretär Gröber, dem Vertreter des 
Reichskanzlers Ubereinstimmung erzielt. « 
Nach Erscheinen der neuen Order bei mir eingehende Anfragen 
hatte ich schon vorher dahin beantwortet, daß der Militärbefehlshaber i in 
eiligen Fällen selbstverständlich allein handeln könnte. Hierdurch war 
die Möglichkeit gegeben, die dem Wortlaut nach geradezu gefährliche 
Order den Bedürfnissen des Kriegszustandes anzupassen. 
Am 2. 11. 18 wurde gelegentlich einer Besprechung mitgeteilt, 
daß neue Bestimmungen demnächst herauskommen sollten, nach denen 
die Militärbefehlshaber in dringenden Fällen berechtigt sein sollten, auch 
ohne Zustimmung der Zivilverwaltungsbehörden rechtsgültige Anord- 
nungen zu treffen. Zur Ausführung ist es nicht mehr gekommen. 
Schutzhaft 
Zu Beginn des Krieges erforderte der Schutz einer ungestörten 
Mobilmachung und des Aufmarsches unserer Truppen an den Grenzen 
besondere Maßregeln. Zu diesen gehörte auch die sofortige Inhaftnahme 
aller Persönlichkeiten, von denen man erwarten konnte, daß sie sich vom 
Feinde zu Agenten= oder Spionagezwecken gebrauchen ließen, oder daß
	        
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