Schutzhaft 135
genommen worden. Der neue Reichskanzler, Prinz Max von Baden,
machte sie dem Reichstag als eins der ersten, die Schwäche der Regierung
dartuenden Zugeständnisse zum Geschenk.
In voller Verkennung der Verhältnisse, aber getreu den über-
lieferungen deutsch-demokratischer Staatsweisheit schwächte man die
militärische Macht, die einzige Stütze der Regierung, anstatt sie auf
jede nur denkbare Art zu stärken. Die Militärdiktatur, von der heute
die Demokratie mit Vorliebe spricht, hat es leider im Kriege niemals
gegeben, sonst wäre manche Schwächlichkeit unterblieben, mancher Vor-
stoß gegen die Sicherheit des Reiches im Keime erstickt worden.
Alle meine Bemühungen, im Sinne einer Diktatur zu wirken,
waren vergeblich. Ich kann nicht leugnen, daß mir oft der Vedanke
gekommen ist, selbständig zu handeln und dazwischenzufahren. Wie oft
fiel mir das Wort ein: „Sturm möcht' ich sein und all das Kranke
dieser Zeit zerschlagen, daß der Tod draus schreit,“ aber hatte ich nicht
im Eide Gehorsam dem Kaiser und König gelobt!
Bald gemachte Erfahrungen ergaben, daß in dringenden Fällen doch
eine größere Selbständigkeit der Militärbefehlshaber notwendig war.
Darüber wurde mit dem Staatssekretär Gröber, dem Vertreter des
Reichskanzlers Ubereinstimmung erzielt. «
Nach Erscheinen der neuen Order bei mir eingehende Anfragen
hatte ich schon vorher dahin beantwortet, daß der Militärbefehlshaber i in
eiligen Fällen selbstverständlich allein handeln könnte. Hierdurch war
die Möglichkeit gegeben, die dem Wortlaut nach geradezu gefährliche
Order den Bedürfnissen des Kriegszustandes anzupassen.
Am 2. 11. 18 wurde gelegentlich einer Besprechung mitgeteilt,
daß neue Bestimmungen demnächst herauskommen sollten, nach denen
die Militärbefehlshaber in dringenden Fällen berechtigt sein sollten, auch
ohne Zustimmung der Zivilverwaltungsbehörden rechtsgültige Anord-
nungen zu treffen. Zur Ausführung ist es nicht mehr gekommen.
Schutzhaft
Zu Beginn des Krieges erforderte der Schutz einer ungestörten
Mobilmachung und des Aufmarsches unserer Truppen an den Grenzen
besondere Maßregeln. Zu diesen gehörte auch die sofortige Inhaftnahme
aller Persönlichkeiten, von denen man erwarten konnte, daß sie sich vom
Feinde zu Agenten= oder Spionagezwecken gebrauchen ließen, oder daß