Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Dritter Band. Wehr und Waffen 1914-1918. (3)

Osterreich: Ungarn 265 
Vergeblich hatte sich in der Nationalversammlung eine Mehrheit dafür 
ausgesprochen, die Entscheidung über die Form der Regierung aufzu- 
schieben; die Strasse hatte entschieden. Zu ernsthaften Kämpfen war 
es überhaupt nicht gekommen. Es hieß, daß in der Nacht das Kriegs- 
ministerium und andere Regierungsgebäude gestürmt werden sollten, 
aber es blieb ruhig, und nur aus den Vorstädten hörte man gegen 
Morgen Schießen. Am Schottenring und in der Rossauer Kaserne kam 
es zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitswache und meuternden 
Truppen. « 
Am 31. erklärte mir der Kriegsminister, der mich sofort empfing, 
daß er nichts anderes tun könne, als die unvermeidliche Trennung der 
Heeresverwaltung möglichst derart einzuleiten, daß den einzelnen neu- 
gebildeten Staaten geordnete Formationen zur Aufrechterhaltung der 
inneren Ordnung zur Verfügung gestellt werden könnten. Alle Natio- 
nalitäten seien mit ihren Wünschen in dieser Richtung bereits an ihn 
herangetreten, nur Deutsch-Osterreich noch nicht, obgleich er dazu alles 
vorbereitet habe. — Er für seine Person ende als k. u. k. Kriegs- 
minister. — Mit Italien seien Waffenstillstandsverhandlungen einge- 
leitet, um dem nutzlosen Blutvergießen ein Ende zu machen. 
Ich fuhr sofort zur Botschaft und, da von dort eine Verbindung 
mit den neuen Gewalten nicht zu erreichen war, zum Parlament, wo 
die provisorische Regierung tagte, um meine Vermittelung bei Um- 
bildung der Truppen anzubieten. Der „Staatssekretär des Krieges“, 
ein Hauptmann d. Res. Meyer, empfing uns — meinen Adjutanten 
Gauptmann v. Eickstedt und mich — etwas aufgeregt. Nach längerer 
Beratung mit seinen versammelten Kollegen lehnte er meine Unter- 
stützung und Vermittlung dankend ab, da die Regierung mit den Trup- 
pen bereits „unmittelbar“, d. h. durch Soldatenräte verhandelel 
Im k. u. k. K.M. war unsere Tätigkeit beendet; es war nur 
noch die Abwickelung in die Wege zu leiten. Als ich am 1. 11. zum 
Dienst kam, waren die schönen Räume des Kriegsministeriums bereits 
teilweise leer, denn die den Offizieren erteilte Erlaubnis, sich ihren 
heimatlichen Kontingenten zur Verfügung zu stellen, war von den 
meisten sofort benutzt worden. Es wäre nach unserer Auffassung vor- 
nehmer gewesen, den Posten nicht zu verlassen, ehe er wirklich erledigt 
war. Der neue Staatssekretär des Krieges war damit beschäftigt, die 
verbleibenden Offiziere und Beamten zu vereidigen; ein Geschäft, das
	        
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