72 Drittes Kapitel
nur ein Geschütz gewünscht war von der Leistungsfähigkeit der Kst.-Mrs.,
aber mit erhöhter Beweglichkeit.
Die Stellung des Generalstabes hat aber geschwankt. Trotz dieser
Forderung vom 6. Juni 1006 hat er bereits am 21. August 10905,
also nach der Forderung der Artillerie-Prüfungskommission einen
schwersten Mörser verlangt, für dessen Beweglichkeit Vollbahntransport
bis zur Verwendungsstelle genüge.
Das Eisenbahngeschütz erscheint also hier zum ersten Male: Völlige
Aufgabe der Beweglichkeit des zu konstruierenden Geschützes, außer durch
Vollbahn, zugunsten der Wirkung ist der Gedanke des Generalstabes.
Von der so schnell veränderten Auffassung des Gen.-St. wurde
aber das K.M. nicht in Kenntnis gesetzt und so sind leider die Ver-
handlungen vom Generalstab zunächst ohne Kenntnis des Kriegsmini-
steriums und der A.P. K. mit Krupp geführt worden. Die A.P. K. hat
die vom Generalstab gestellte Forderung vom 6. 6. 1906 an Krupp
weitergegeben.
Den von Krupp vorgelegten Entwurf eines 35,5 cm-Mrs. lehnte
die A. P. K. am 20. 12. 1906 ab. Wie Major Bissinger der A. P. K.
in den Akten niederlegte, „muß der Zukunftsmörser Uberlegenheit der
Geschoßwirkung auf Jahre hinaus sichern und deshalb ein Geschoßge-
wicht von 1200 kg besitzen. (Das J.Geschoß wiegt 920 kg). Das
dazu gehörige Kaliber ist etwa 40 cm und dezhalb ist dieses Kaliber
mehr zu betonen und Krupp die entsprechende Forderung zu stellen.“
Zugleich forderte die A. P.K. eine Schußweite von 10—12 km. Der
30,5 cm-Mrs. hatte eine Schußweite von 8,8 km.
Aus diesem Sachverhalt geht hervor, daß zweifellos A.P. K. und
Gen.-Stab an einer Steigerung des Kalibers etwa zu gleicher Zeit
gearbeitet haben. Die A.. K. hat die Forderung jedoch tat-
sächlich zuerst für richtig anerkannt.
Dem Gen.-Stab fällt der Gedanke der hohen Gewichtsgrenzen
zu. In bezug auf Beweglichkeit des neuen Geräts hatte er sich noch
bis 1911 mit der Forderung begnügt, daß die einzelnen Teile des neuen
Geschützes mittels Vollbahn in die Feuerstellung gefahren werden
könnten, in dem Gedanken, daß das neue Geschütz nicht gegen Sperr-
forts, sondern nur gegen Festungen verwendet werden solle; nach seiner
Meinung war während der Vorbereitung des Festungsangriffes ge-
nügend Zeit zum Bau von Vollbahnen vorhanden.