Full text: Sächsische Volkskunde.

Ed. O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 111 
enge Sackgassen Zugang gewinnen. — In dieser Ausgestaltung ist das Dorf 
nicht „begründet“, sondern allmählich geworden. Von den ersten Ansiedlern 
wurde der für das Dorf ausgewählte Platz in soviel (ca. ½ ha große) Hof- 
stätten geteilt, als es Siedler waren. Das Ganze wurde durch Graben und 
Hecke umwehrt.") In diesen umschlossenen Raum mußten sich nun die mit 
zunehmender Bevölkerung und Teilung der Hufen neu entstehenden Gehöfte 
und sonstigen Bauten hineindrängen, wo und wie sie Platz fanden. Die an 
sich planlose Anlage wurde hierdurch noch unregelmäßiger zerstückelt, zumal 
auch die Gebäude der einzelnen Höfe mit wachsender Kultur umfangreicher 
  
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Fig. 122. Geusa bei Merseburg. (Haufendorf.) 
wurden und mehr Platz erforderten. So entstanden die engen Seitengäßchen 
und Sackgassen, die zu dem die ursprünglichen Höfe verbindenden Haupt- 
wege führten. Natürlich mußte sich früh schon der Übelstand bemerklich 
machen, daß die Zufahrt zu den einzelnen Gehöften und der Verkehr in so 
beschaffenen Straßen überhaupt mit großen Schwierigkeiten und Unbequem- 
lichkeiten verknüpft war. Und da die Höfe (nebst Gärten) zum Teil sich eng 
um und an einander schoben, fühlten gewiß nicht wenige Besitzer sich unleidlich 
beengt und beschränkt. Aber ohne umfassenden Umbau des Ganzen ließ sich 
daran natürlich nicht viel ändern. 
Die Feldmark des Haufendorfes setzte sich zusammen aus dem Kultur- 
*) Vgl. Sachsenspiegel, Landrecht II, 66, § 1.
	        
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