Full text: Sächsische Volkskunde.

112 Ed. O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 
land (ca. 300— 400 ha) und dem Gemeinland (Allmende: Wald, Weide, 
Torfstich u. s. w.). Das Kulturland zerfiel in „Gewanne“, d. h. in 
bestimmt umgrenzte größere Feldabschnitte von in sich gleicher Bodenbeschaffen- 
heit und Lage. Nach den Besitzeinheiten zerlegte sich die Dorfmark in 
(10—30) Hufen; das sind gleiche oder besser gleichwertige Anteile an dem 
Ackerland und an der Nutzung des nicht aufgeteilten Gemeinlandes.") Die 
wirtschaftliche Gleichheit der Hufen wurde dadurch hergestellt, daß jede Hufe 
in jedem Gewann gleichen Anteil, einen oder einige Streifen (nach Loosfall), 
erhielt. Die Größe der Hufe'*) (Behuf; was jedem zukommt) war ursprüng- 
lich bestimmt durch den durchschnittlichen Unterhaltsbedarf eines bäuerlichen 
Haushaltes (nach unten) und durch die durchschnittliche Arbeitskraft derselben 
(nach oben). Mehr zu produzieren, als man selbst brauchte, hätte in jener 
Zeit der geschlossenen Hauswirtschaft, wo die Möglichkeit einer Verwertung, 
des Uberschusses durch Verkauf fehlte, gar keinen Sinn gehabt. So waren 
die Hufen in demselben Dorfe gleich groß; in verschiedenen Dörfern aber 
mehr oder minder verschieden; auf fruchtbarerem und schwererem Boden 
kleiner, auf leichterem größer) 
Die älteren Gewanne waren klein und unregelmäßig geformt; die 
Streifenanteile darin verschieden in Richtungslage und Gestalt. Die Ursachen 
können hier nicht erörtert werden; sie lagen vor allem in der damals allein 
möglichen Vermessungstechnik, wie Meitzen in überaus scharfsinniger Weise 
darthut (I, S. 83 ff.). Spätere und „regulierte“" Gewanne sind umfang- 
reicher, regelmäßiger (als Vierecke bezw. Rechtecke) geformt, und in parallelen 
Streifen aufgeteilt. (Zur Veranschaulichung diene das von Meitzen 1, S. 170 
mitgeteilte schematische Bild eines solchen alten Gewanndorfes in Fig. 123.) 
Auch diese Flurverfassung ist nicht mit einem Schlage geschaffen, sondern 
allmählich entstanden. Bei der Seßhaftmachung wurde zunächst soviel Land 
beackert, als bei noch überwiegender Weidewirtschaft zur Ernährung nötig 
schien. Aufgenommen wurde das Land in bestimmten Abschnitten (Ge- 
wannen), deren Größe und Umriß gegeben war durch die von allen Ge- 
*) In der ältesten Zeit auch dem Ackerland gegenüber nur Nutzungsanteile, keine 
bestimmten Stücke. 
* ) Später, bei Verleihungen in entfernten Gegenden und auf Wildland, bildete sich 
in der „Königshufe" zuerst ein bestimmtes Hufenmaß heraus — ca. 50 ha. — Die ge- 
wöhnliche Landhufe umfaßte etwa 30; die Wald- und Hagenhufe 60 und mehr (bis 180) 
Morgen. 
) Als in späterer Zeit marktmäßige Verwertung der Produkte möglich wurde, 
und dieselbe Fläche, intensiver bearbeitet, mehr Ertrag gab, zugleich Erbteilung und 
Verkauf zulässig geworden waren, fielen jene Größenfaktoren weg. Die thatsächlich 
bestehenden Wirtschaften umfaßten nun, wie noch jetzt, mehrere Hufen oder Bruchteile 
von solchen.
	        
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