Full text: Sächsische Volkskunde.

H. Ermisch: Die Anfänge des sächsischen Städtewesens. 131 
Verkauf, wurden Marktorte. So entstanden im Zusammenhang mit den 
Burgen größere Ortschaften; aber Städte im Sinne des Mittelalters waren 
das nicht. 
lber die Straßen, auf denen die Deutschen in die Slawenländer ein- 
drangen, erfahren wir aus Chroniken und Urkunden überaus wenig; aber 
Wege sind älter als Menschen, weil die Natur selbst sie vorgezeichnet hat, 
und so können wir sie auch ohne schriftliche Quellen verfolgen. König 
Heinrich I. mag von Norden her die Elbe entlang vorgedrungen sein; auch 
in der Folge blieb die Elbe zu allen Zeiten eine der wichtigsten Verkehrs- 
straßen unseres Landes, und nicht bloß der Wasserweg, sondern auch die 
Uferstraßen, wenigstens bis Pirna, wo die Gebirgsformation dem ein Ende 
machte. Später aber haben wir den Ausgangspunkt für die kriegerische wie 
für die friedliche Einwanderung mehr im Westen als im Norden zu suchen, 
in Thüringen und Franken. Von hier führten uralte Straßen nach dem 
Osten, die auch heute noch wichtige Verkehrswege darstellen; bei der südnörd- 
lichen Richtung unserer Flußläufe waren sie namentlich abhängig von den 
Flußübergängen. So haben wir im Norden unsers Gebietes eine Straße, 
die man westlich bis nach Erfurt, ja bis nach Mainz verfolgen kann; bei 
Merseburg überschreitet sie die Saale, bei Leipzig Elster und Parthe, bei 
Wurzen und in Abzweigungen bei Eilenburg und Grimma die Mulde, bei 
Strehla bez. Belgern und Meißen die Elbe; jenseits der Elbe setzt sie sich, 
im Mittelalter als die hohe Straße oder via regia bezeichnet, über Großen- 
hain, Königsbrück, Kamenz nach Bautzen, dann über Löbau nach Görlitz und 
weiter nach Schlesien und Polen fort. Von gleicher Bedeutung wie diese 
Nordstraße ist eine südliche, die aus den fränkischen Landen von Nürnberg 
herkommend über Hof, Plauen, Zwickau, Chemnitz, Freiberg nach Dresden 
führt; von hier findet sie ihre Fortsetzung über Pirna, Stolpen, Bischofs- 
werda nach Bautzen, über Stolpen, Rumburg, Zittau nach Böhmen. Zwischen 
diesen beiden alten Straßen stellten andere, in nordsüdlicher Richtung ver- 
laufend, die Verbindung her: von Leipzig über Altenburg nach Zwickau, über 
Borna und Penig nach Chemnitz, über Grimma, Leisnig, Roßwein nach 
Freiberg u. s. w.; sie setzten sich nach Süden fort und überschritten auf zahl- 
reichen Pässen das Erzgebirge. Wenn ich, um die Richtung dieser Straßen 
zu bezeichnen, Städte genannt habe, so muß ich hinzufügen, daß die Straßen 
meist weit älter sind, als diese Städte; aber sie haben zur Entstehung der- 
selben ganz wesentlich beigetragen. 
Auf diesen Wegen kamen nun der deutsche Krieger, der christliche 
Priester, der deutsche Bauer in das Slawenland. Um es zu einer deutschen 
Grenzmark umzuschaffen, bedurfte es des Zusammenwirkens militärischer, 
kirchlicher und kolonisatorischer Kräfte. Diese drei Faktoren sind es auch, die 
die Grundsteine unseres Städtewesens gelegt haben. 
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