144 H. Ermisch: Die Anfänge des sächsischen Städtewesens.
einem Zinsregister bezeichnet, das aus dem Ende des 12. oder Anfang des
13. Jahrhunderts stammt. Die Anlage der Stadt gehört also wohl in die
zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts. Sie wurde nördlich von dem erwähnten
Dorfe, das seitdem Altchemnitz hieß, teilweise wohl auf dessen Fluren, erbaut,
und noch heute zeigt ihr Kern durchaus die deutsche Stadtanlage: er ist kreis-
rund, den Mittelpunkt bildet der Markt (B) mit Rathaus und Jacobikirche (C),
geradlinige Straßen gehen von hier nach allen Seiten. Da Grund und
Boden dem Kloster gehörte, so ist die Gründung wohl von diesem, dem In-
haber des Marktprivilegs, ausgegangen. Die Verhältnisse des Gerichts und
andere Spuren deuten noch später auf eine anfängliche Abhängigkeit der Stadt
vom Kloster. Freilich erscheinen schon im 13. Jahrhundert die Markgrafen,
denen die Vogtei über
das Kloster zustand, als
J Patrone der städtischen
Kirchen.
Diese Beispiele mögen
genügen. Alle unsere
Stadtanlagen des 12.
und 13. Jahrhunderts
" — zeigen in mehr oder
2 .
L weniger deutlichen Spu-
W F ren denselben Grund-
plan. Allerdings wurde
1 — daran trugen teils
. —
Terrainschwierigkeiten
Fig. 141. Schuld, teils vielleicht der
Umstand, daß die Zahl der städtischen Ansiedler geringer war, als man an-
fangs angenommen. Es kommt vor, daß sich nach einer Seite hin an den
Markt überhaupt keine Straßen mehr anschlossen; so in Adorf, in Crimmit-
schau. Andre Städte bestehen aus nur einer Hauptstraße; die Ansiedler
bauten sich auf beiden Seiten der großen Verkehrsstraße an, die den Anlaß
zur Stadtanlage gab, der Markt erscheint als eine Erweiterung dieser Ver-
kehrsstraße, in den beiden andern Himmelsrichtungen entstanden höchstens
einige Gäßchen, aber keine Straßen. Das Bild einer solchen Straßenstadt,
wie man sie im Anschluß an den Ausdruck Straßendorf nennen könnte,
bietet noch heute sehr deutlich Rochlitz mit seinem außerordentlich langge-
streckten Markte; Geithain, Glauchau und manche andere Städte tragen ähn-
lichen Charakter. Aber auch in diesen Spielarten kann man als Grundlage
er oft nicht so vollkom-
men ausgeführt, wie in
den besprochenen Fällen;