150 H. Ermisch: Die Anfänge des sächsischen Städtewesens.
häuser. Zwei davon sind sehr bald verschwunden, das dritte, das am Aus-
gange der Burggasse vermutlich an der Stelle der alten Burg Lipczk stand,
wurde dann wohl weiter ausgebaut und ist die spätere Pleißenburg.
An die Stelle der königlichen Kastellane, der Burggrafen, der alten
Kommandanten der Burgen, von denen wohl nur der Meißner Burggraf
als solcher einen Einfluß auf die Stadtentwicklung ausgeübt hat, traten meist
im 12. und 13. Jahrhundert die landesherrlichen Vögte. Der Schutz der
Burg war nicht den Bürgern, sondern den Burgmannen anuvertraut, Edel-
leuten, die in der Regel einen in unmittelbarer Nähe der Burg gelegenen Hof
als Burglehn erhielten; die Erinnerung an diese Burglehen hat sich in
manchen Städten, z. B. in Meißen, in Bautzen, bis heute lebendig erhalten.
Wie die Burg, so gehörten auch sie im rechtlichen Sinne nicht zur Stadt;
sie waren frei von städtischen Abgaben, ihre Besitzer hatten weder die Rechte
noch die Pflichten der Bürger. Solche „Freihöfe“ gab es auch sonst noch in
fast allen Städten; ihre Obereigentümer waren teils die Landesherren, teils die
Klöster, Kirchen u. s. w. Überall war das Streben der Städte darauf ge-
richtet, ihre Freiheit aufzuheben, sie mit der Stadt zu verschmelzen, und
vielfach ist das auch gelungen.
Wie jeder innerhalb seiner vier Pfähle, im Bereich seines Hausfriedens
gegen fremde Gewaltthat besonders geschützt war, solche besonders schwer be-
straft wurde, wenn sie mit Hausfriedensbruch verbunden war, so genoß auch
die Burg als das Haus des Königs, des Markgrafen, des Stadtherrn erhöhten
Rechtsschutz. Die befestigte Stadt aber war eine erweiterte Burg; aus dem
Burgfrieden hat sich der Stadtfrieden entwickelt.
Wenden wir uns nun von diesem Blick auf die Befestigung der Stadt,
zu ihrem Innern. Wir betreten es durch eines der Stadtthore, folgen der
Straße, die dasselbe schließt, und sind so in kurzer Zeit auf dem Marktplatze,
dem Punkte, von dem das gesamte Straßennetz der Stadt seinen Ausgang
nimmt. Aber nicht bloß äußerlich betrachtet ist der Markt der Mittelpunkt
der Stadtanlage, er ist es auch seiner inneren Bedeutung nach; hier konzen-
triert sich das wirtschaftliche, das Rechts-, das Gemeindeleben der Stadt.
Das Wort Markt ist ein dem Lateinischen entnommenes Lehnwort; merr
heißt die Ware, mercator der Kaufmann, mercatus der Kaufhandel oder
der Ort, wo solcher betrieben wird. Schon daraus folgt, daß der Markt
in erster Linie wirtschaftliche Bedeutung hat.
Daß in unseren Landen zu allen Zeiten Handel getrieben worden ist,
soweit die geschichtliche Kunde zurückreicht, erwähnte ich schon früher. Schon
im Jahre 983 eignet Kaiser Otto II. dem Bistum Meihen die Einkünfte aus
dem Zolle von Belgern bis zum Hafen des Stifts Meißen auf beiden Seiten
der Elbe, wo immer die manus mercatorum, die Kaufmannskarawanen, ihr