Full text: Sächsische Volkskunde.

152 H. Ermisch: Die Anfänge des sächsischen Städtewesens. 
Auf herrschaftlichem Grund und Boden waren diese Ansiedelungen ent- 
standen. Der Grundherr, der bei uns meist zugleich der Landesherr war, 
machte sie sich nutzbar: außer dem schon erwähnten census arearum von 
den Ansiedlern erhob er Abgaben vom Warenumsatz. Der Handelsplatz der 
Stadt aber war der Markt; deshalb erscheinen diese Abgaben als Marktabgaben, 
als teloneum korense, Marktzoll. Die Städte haben diese Abgaben später meist 
an sich zu bringen gesucht; sie sind uns in der Regel erst durch diese Er- 
werbung bekannt geworden. So erlangte die Stadt Freiberg 1253 die Be- 
freiung vom parvum jus torense, d. h. von einer Abgabe vom Einzelverkauf 
bis zum Wert von 6 Pfsg., wobei nur die Wagen mit gesalzenen Fischen aus- 
genommen wurden. Auch als Leipzig 1363 den Marktzoll von seinem Lehns- 
besitzer Thimo von Colditz erwarb, wurde der Fisch-, Häring= und Nußzoll 
ausgenommen; dieser blieb noch längere Zeit als markgräfliches Lehen im 
Besitz städtischer Familien. Einer besonderen Abgabe unterlag vielfach der 
Salzverkauf. Auch das sogenannte Schrotamt gehört hierher, eine Abgabe 
von dem in die Keller geschroteten Wein (und Bier), die wir regelmäßig 
ursprünglich im Besitze der Stadtherren sehen. Der Marktplatz selbst galt 
als unmittelbares Eigentum des Grundherrn. Sehr bezeichnend ist, daß 
z. B. in Freiberg der Dünger, der auf dem Markt gesammelt wurde, dem 
Markgrafen zustand; wenn ihn Heinrich der Erlauchte durch besonderes 
Privileg 1259 dem Freiberger Hospital überläßt, so kann man daraus wohl 
schließen, daß die Einnahme daraus gar nicht so geringfügig war. Auch die 
auf dem Markte, in der Regel vom Stadtherrn gleich bei der Gründung 
angelegten Kaufstätten waren ihm zu Zins verpflichtet: die Brot= und 
Fleischbänke, die Hütten, die für Jahr= und Wochenmärkte errichtet und 
dann wieder beseitigt wurden, die feststehenden Buden, die vornehmlich 
von den Krämern benutzt wurden. Anderswo als in diesen Kausstätten 
Handel zu treiben, war nicht gestattet. Auch diese Zinsen brachten die Städte 
an sich, als sie wirtschaftlich erstarkten; vielfach legten sie selbst neue Ver- 
kaufsstände und größere Gebäude für die Zwecke des Handelsverkehrs an, 
sogenannte Kaufhäuser oder Gewandhäuser, wie sie nach dem Tuchverkaufe, 
dem wichtigsten Handelszweige, genannt wurden. 
Zu welcher Zeit auf dem Marktplatze verkauft werden durfte, bestimmte 
ebenfalls der Stadtherr. Der Wochenmarkt ist wohl überall das ältere ge- 
wesen; aber auch Jahrmarktsverleihungen liegen seit dem 18. Jahrhundert 
in so reicher Fülle vor, daß ich darauf verzichte, einzelne Beispiele hervor- 
zuheben. Nur wenn die Märkte sich zu Messen entwickelten, wenn die 
Handeltreibenden Zollbefreiungen und andere Privilegien brauchten, die über 
die Landesgrenzen hinaus wirksam waren, suchte man keiserliche Bestäti- 
gungen des Marktrechts nach; bei uns war das nur in Leipzig und auch da 
erst gegen Ende des Mittelalters der Fall.
	        
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