Full text: Sächsische Volkskunde.

184 Robert Wuttke: Stand und Wachstum. 
Gegenden sehr hart gelitten und konnten sich nur langsam erholen. Wenn 
man die Mannschaftsrollen von 1608 mit den von 1659 vergleicht, so scheint 
kaum ein Jahrzehnt nach dem Kriege wenigstens die ländliche Bevölkerung 
sich von den Kriegsschäden erholt und ihre alte im Anfange des Jahrhunderts 
besessene Höhe wieder erreicht, ja überschritten zu haben. 
Wehrhafte Mannschaft im Rurfürstentum Sachsen. 
  
  
  
  
  
  
  
Meißner Erzgebirg. Leipziger 
Kreis Kreis , Jus-IM- Kreis Summe 
in 15 Amtern in 10 Amtern 1 iu 10 Amtern in 9 ÄAmtern 
160099 18 016 13 422 7917 6952 46 307 
1600868 10 089 7267 3 986 4623 25 965 
folgl. 1659 mehr 6 155 3931 232920342 
Von einer Verwüstung ganzer Dörfer, wie sie uns aus anderen Teilen 
Deutschlands berichtet wird, kann in Sachsen nicht die Rede sein, wohl war 
in einzelnen Amtern die Bevölkerung sehr zurückgegangen, z. B. im Amt 
Pirna von 876 Mannschaften 1608 auf 54 im Jahre 1659, im Amt Chemnitz 
von 913 Mannschaften 1608 auf 169 im Jahre 1659. Derartige Beispiele 
ließen sich leicht vermehren, aber aus ihnen allein würde man nur ein ein- 
seitiges Bild gewinnen. 
Kurfürst Friedrich August, bekannt unter dem Namen August der Starke, 
begann, als er 1694 zur Regierung gekommen war, die Statistik systematisch 
zu pflegen. Schon am 19. Oktober 1694 erließ er einen Befehl ein „Generale" 
auszufertigen, in dem unter anderem ein Verzeichnis aller Schrift= und 
Amtssassen in den Städten verlangt war. Bei seinen Bestrebungen sich 
durch statistische Erhebungen die Grundlagen zu einer Reform der Verwaltung 
zu verschaffen, stieß er auf den Widerstand seiner Beamten und des Land- 
tags. Besonders die Stände erhoben mehrmals ihre warnende Stimme 
gegen die „Inventarisierung der Landeskräfte". Sie erklärten, weil in einer 
solchen Tabelle das Vermögen des ganzen Landes gleichsam aufgezeichnet 
wäre und weil jede Geheimhaltung unmöglich sei, bestände die Gefahr, daß 
der innerste Zustand des Landes entdeckt werde und die Gegner des Kur- 
fürstentums zu des Landes größtem Schaden davon Vorteil ziehen möchten. 
Sie führten auch an, daß es Menschen gebe, die lieber das Land räumen 
wollten, als sich in den Tabellen einzeichnen zu lassen. 
August der Starke hat auf seinem Willen beharrt und in den folgenden 
Jahren mehrere „Tabellen“ anlegen lassen. Ein sehr umfangreiches statistisches 
Material befindet sich — leider noch ungesichtet und unverarbeitet — im Haupt- 
staatsarchiv zu Dresden. Einiges daraus soll im folgenden mitgeteilt werden.
	        
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