Full text: Sächsische Volkskunde.

Robert Wuttke: Die Bevölkerungsgliederung. 213 
ist, bleibt das Geburtenverhältnis in den höheren Altersschichten nicht bestehen, 
es ändert sich von Jahr zu Jahr. Wir werden deshalb weiter die Sterb- 
lichkeit beider Geschlechter in den Kreis unserer Untersuchung zu ziehen 
haben. Schließlich beeinflussen Ein= und Auswanderung den heimischen Ge- 
burtenbestand, und auch diese Einwirkung muß berücksichtigt werden. 
Wieviel Knaben und Mädchen geboren werden, ob bei der Geburt das 
eine das andere Geschlecht überwiegt, sind Fragen, die man von alters her 
aufgeworfen hat. Nirgends aber versagt die Individualbeobachtung mehr 
als hier; der Eine urteilt auf Grund seiner persönlichen Erfahrung und be- 
hauptet, daß mehr Knaben als Mädchen, der Andere dagegen, daß mehr 
Mädchen als Knaben geboren werden, und für kürzere Zeitabschnitte, für kleineres 
Beobachtungsmaterial kann jeder von Beiden recht haben. Erst die Statistik 
hat eine gesetzmäßig zu nennende Regelmäßigkeit in dem Geschlechtsverhältnis 
bei der Geburt erkennen lassen; aber diese Regelmäßigkeit zeigt sich nicht, wenn 
das Geschlechtsverhältnis bei der Geburt innerhalb eines Dorfes oder selbst 
innerhalb einer größeren Stadt beobachtet wird, nur die Geburtenziffer eines 
ganzen Staates läßt sie erkennen. Also erst bei tausenden von Geburten 
läßt sich eine gewisse Regelmäßigkeit des Geschlechtsverhältnisses beobachten. 
Da ergiebt sich nun, daß stets mehr Knaben als Mädchen geboren werden. 
In Sachsen kamen 1872/80 auf 1000 Knabengeburten 948 Mädchen 
geburten, ein Verhältnis, wie wir es in den größeren Deutschen Staaten finden 
(Preußen, Bayern); das Deutsche Reich weist 949 Mädchengeburten auf; die 
Abweichung in Sachsen gegenüber dem Reichsdurchschnitt ist also belanglos. 
Anders liegen die Verhältnisse im Ausland. In dem gleichen Zeitraum 
war das Geschlechtsverhältnis bei der Geburt in 
Großbritannien 961 West-Osterreichs) 946 
Frankreich 955 Italilien 940. 
Am nächsten dem Geschlechtsgleichgewicht kommt England, am weitesten 
entfernt ist Italien, West- Dsierräch nähert sich den deutschen Verhältnissen. 
Die Sterblichkeit des männlichen und weiblichen Geschlechts ist wesent- 
lich verschieden. 
Auf 100 Lebende des betreffenden Alters kommen Gestorbene (ohne 
Totgeborene) in Sachsen 1872/80: 
Alter männlich weiblich beide Geschlechter 
0— 1 Jahr 41.7 34,1 27,9 
1— 2 „ 7.7 7,2 7,5 
2— 5 „ 2,4 2,3 2,4 
5—10 „ 0,75 0,75 0,75 
10—15 „ 0,29 0,32 0,30 
15—20 „ 0,44 0,44 0,44 
*) Unter West-Osterreich sind zu verstehen die im Reichsrat vertretenen Länder des 
Kaisertums ohne Galizien und Bukowina aber mit Dalmatien.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.