Full text: Sächsische Volkskunde.

S. Ruge: Das sächsische Land. 15 
Höhenlage annehmen und etwa eine Höhenlinie von 400 m dafür einsetzen, 
die von Tharandt über Freiberg, Chemnitz und Zwickau verläuft. Die Ost- 
grenze des Gebirges liegt etwa auf der Linie von Pirna über Gottleuba und 
Tyssa nach Königswald. Jenseits der Linie beginnt das Sandsteingebirge. 
Die Grenze des Erzgebirges im Süd-Westen gegen das Vogtland ist nicht so 
gut zu erkennen, da die Merkmale in der Bodengestalt gegen Norden mehr 
verwischt sind. Man kann eine Linie von Graslitz am tiefeingeschnittenen 
Zwotathal nach Werdau, wodurch der südwestlichste Teil Sachsens abgetrennt 
wird, als eine solche Grenzlinie annehmen. Danach hat der Kamm des Erz- 
gebirges eine Länge von 125 km. 
Die höchsten Gipfel liegen im Südwesten: der Keilberg, 1243 m 
und der vordere Fichtelberg, 1214 m. Je weiter nach Nord-Osten, um 
so niedriger werden die Gipfel, bis der Zinnwald bei Altenberg nur noch 
880 m, der Geising 823 m mißt. 
Die auf dem Kamme entlang laufende Wasserscheide ist nicht die politische 
Grenze, vielmehr greift Böhmen vielfach über die Naturgrenze nach Norden 
in die Quellthäler der nordwärts gerichteten Flüsse. 
Die nördliche Abdachung stellt eine wellenförmige, von Flußthälern 
durchfurchte Hochfläche vor, aus der zwar manche langgezogene, breite Höhen- 
rücken, aber nur wenige Kuppen sich erheben. Von der Südseite erscheint 
das ganze Gebirge als eine einzige undurchbrochene Masse. Dadurch bildet 
es ein bedeutendes Hindernis des Verkehrs zwischen den beiden Ländern. 
Denn die Flußthäler konnten bei dem gewundenen Laufe und den häufigen 
Felsengen nicht zur Anbahnung von Wegen verwendet werden; man mußte 
von Anfang an die Höhen zu gewinnen suchen, um bequemer den hohen 
Kamm des Gebirges zu erreichen. Aber so lange das ganze obere Gebirge 
noch mit dichtem Walde bedeckt war, boten sich auch hier dem Verkehr zahl- 
reiche Hindernisse. Man hat zwar versucht, alte Straßenzüge in den Thälern 
nachzuweisen, allein derartige Annahmen können nur auf Unkenntnis der 
Beschaffenheit der Thäler oder auf falscher Deutung der Nachrichten und 
Urkunden beruhen. Wo es keine Einsattlungen und Gebirgsjöcher giebt, die 
wesentlich unter der Kammhöhe einsinken, wie in den Alpen, wo die Straßen 
den mauerartig geschlossenen Kamm überschneiden müssen, da darf man den 
Anstieg nicht in den Thälern suchen. Nach dem Verhältnis der absoluten 
Höhe sind die Alpen viel gangbarer als das Erzgebirge. Man vergleiche nur 
die Höhe des Montblanc, 4800 m, mit der Paßhöhe des großen St. Bern- 
hardt, 2400 m, über den die höchste Straße (abgesehen von der Stilfser 
Straße) in den Hochalpen führt. Gipfel und Paßhöhe verhalten sich wie 
1: 2. Demnach dürfte im Erzgebirge kein fahrbarer Ubergang höher liegen 
als “n* d h. 622 m. Allein einen so niedrigen Übergang finden wir
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.