Full text: Sächsische Volkskunde.

Johannes Walther: Sprache und Volksdichtung der Wenden. 349 
Die Spwaten, welche die Braut zuerst fragt, sind die zwei Brautführer, 
unbescholtene Burschen, welche die Braut nebst den zwei druzki, den Zücht- 
jungfern und den zwei slonki, den zwei Züchtfrauen, zur Hochzeit geleiten. 
Die Swaten trösten das Mädchen, der Bräutigam lege sich Lündische Klei- 
dung an, Kleidung aus Holland oder den Niederlanden, welche heute noch 
als besonders fein und kostbar gilt und die Stelle von „Sammt und Seide" 
im deutschen Volksliede vertritt. Der braska, den die Braut fragt, ist der 
Hochzeitsführer, der vorher die Gäste einzuladen hat und vor und bei der 
Hochzeit wichtige Amter versieht. Auf seine Antwort ruft die Braut: Nun 
reißet herab mir das Lündische Kleid, bedeckt mir mit weißen Gewändern 
den Leib! Weiße Gewänder? Die Trauerfarbe der Wenden, wie die Farbe 
der höchsten Feierlichkeit, der cema dominica, ist weiß. Die bela plachta, das 
weiße Trauertuch der obersorbischen Frauen, reicht bis zu den Hüften, während 
das der niedersorbischen Frauen auch die Füße deckt (vergl. Fig. 283). Zu 
dieser plachta wird in vielen Gemeinden der stryntusk als Zeichen der Trauer 
von Frauen und Mädchen getragen, ein schmales, weißes Band um die Stirn 
über den Augenbrauen. Die Trauerzeit der nächsten Anverwandtinnen dauert 
mit plachta und stryntusk, wie das Mädchen oben im Liede sagte, leto a 
dzen, ein Jahr und einen Tag. Weiß ist auch das Totenhemd, von dem die 
Volkslieder oft reden; es muß heute noch binnen 24 Stunden fertig genäht 
werden, sonst kann der Tote weder im Grabe Ruhe finden, noch verwesen; 
er kommt dann wieder und bittet um ein anderes. So singt ein Lied: 
Wer geht hier auf meinem Grabe, 
Beugt das Gras, das grüne Gras? 
Geht der junge Herr vom Schlosse, 
Beugt das Gras, das grüne Gras. 
Bitte doch die junge Herrin, 
Um ein andres Totenhemd. 
Hier in dem kann ich nicht liegen, 
Hier in dem verwes ich nicht. 
Donnerstag zur Nacht begonnen, 
Ward es fertig Samstag Nacht u. s. w. 
Vom Totenhemd sagt das Sprichwort in manchen Orten sehr wahr und 
mahnend: Kitl nima Zanychdypzakow, das Totenhemd hat keine Taschen. 
Sehr geläufig sind gewisse Redensarten; für Hände ringen sagt das Volks- 
lied wie die Volkssprache rucy lamac, Hände brechen, oft hört man skörzbu 
skorzic eine Klage klagen und hyperbolisch wird ein „Fäßlein voll Thränen“ 
geweint, erinnernd an das Thränenkrüglein des speziell deutschen Märchens 
und an die Thränennäpfe sorbischer Begräbnisstätten. Eine wichtige und
	        
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