Full text: Sächsische Volkskunde.

364 M. Rentsch: Volkssitte, Brauch und Aberglaube bei den Wenden. 
Bier trinken. Vom Willkommen wollen wir ins Gotteshaus zur Trauung 
gehen. Dort laßt uns ein herzliches Vaterunser beten und ein geistliches 
Lied singen, nicht aber für uns selbst, sondern für das Ehepaar, damit ihr 
Ehestand gut geraten möge, dann wollen wir uns in die Wohnung der 
Braut zum großen Mittagsmahle begeben. Dort wollen wir essen und 
trinken und fröhliche Gäste sein, den lieben Gott aber dabei nicht vergessen. 
Werden wir auch sonst nichts haben, so werden wir doch ein Brotränftchen 
und ein Salzfäßchen vorfinden, auch dafür wollen wir dem lieben Gott 
dankbar sein. Hierauf wollet ihr uns eine gewisse Antwort geben, welche 
wir denen überbringen werden, die uns abgesandt haben.“ 
Die Erwähnung von Brot und Salz ist zunächst wohl als Ausdruck 
einer übertriebenen Bescheidenheit (vergl.: „zu einem Löffel Suppe einladen“) 
aufzufassen, dann aber legt darin ein slawischer Charakterzug. Die Russen 
und Südslawen bringen ihren Gastfreunden Brot und Salz entgegen, ersteres 
als ein Symbol der unentbehrlichsten Speise, das andere als Symbol der 
Würze und Zuthat zu derselben. 
Vielfach schicken die Gäste in das Hochzeitshaus Flaschen mit Milch, 
ferner Butter, Schüsseln mit Quark und Käse zu den Kuchen, dafür be- 
kommen die Überbringer zu essen und zu trinken und nehmen die Flaschen 
voll Bier mit nach Hause. Die Leitung der ganzen Hochzeitsfeier untersteht 
dem braska oder druzba, bei den Niederlausitzern pobratt genannt, d. h. 
Wahlbruder, Vertrauter. Früher mag, wie dieser Name andeutet, das Amt, 
wie heute noch in der Niederlausitz, so auch in der Oberlausitz, ein Freund 
des Bräutigams besorgt haben; in neuerer Zeit aber liegt es in den Händen 
eigens dafür bestellter Männer, die die Gebräuche genau kennen und Witz 
und Redetalent besitzen, denn der braska ist Ceremonienmeister, Speise- 
meister, Bruder Redner und Spaßmacher. 
Die Gäste versammeln sich teils im Hause des Bräutigams, teils in 
der Wohnung der Braut, je nachdem sie der einen oder der anderen Seite 
angehören. Im Hause des Bräutigams nimmt der braska zunächst die 
Aussegnung vor: er stellt den Gästen den Bräutigam vor, fragt ihn, ob er 
auf seinem Vorsatze beharre und wendet sich dann an die Versammelten mit 
den Worten: „Meine Geliebtesten, ich bitte euch, daß ihr euch uns beiden 
anschließt und der christlichen Liebe gemäß unsere treuen Gefährten sein 
möget. Weiter bitte ich Euch im Namen des ehrbaren Bräutigams, ihr 
wollet ihm, so er jemandem unter euch etwas zuwider gethan hat, alles von 
Herzen vergeben.“ Darauf wendet er sich an den Bräutigam: „So, ge- 
liebter Bräutigam, verabschiede dich nun von deinem geliebten Vater, von 
deiner lieben Mutter, Brüdern, Schwestern, Paten, Freunden und Nachbarn, 
bitte ihnen alle Übereilungen ab und danke ihnen für alle erwiesene Liebe.“ 
Das geschieht unter vielen Thränen. Hierauf singt man ein geistliches Lied
	        
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