Full text: Sächsische Volkskunde.

412 O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 
ursprünglich wohl nur einen einzigen direkten Zugang hatte. Es ist das 
unverkennbar die stabilisierte Form der Wagenburg. Aber auch die so- 
genannten Straßendörfer, deren Gehöfte zu beiden Seiten der durch- 
führenden Straße geschlossene Reihen bildeten, so daß der Ein= und Aus- 
gang leicht durch Thore oder Barrikaden gesperrt werden konnte, verdanken 
ihre Entstehung dem Bedürfnisse des Slawen in der geschlossenen Vereini- 
gung seine Sicherheit zu suchen. Ahnliche Gründe defensiver Natur mögen 
die sägeblattartige Stellung der Häuser gegen die Dorfstraße (Fig. 168) ver- 
anlaßt haben; diese Ansicht hat sich 
bei mir befestigt, seitdem ich diese 
Anordnung sogar in der Ludwig- 
straße in Nürnberg, mit der Rich- 
. . tung gegen den Weißen Turm, das 
%%% alte Stadtthor, vorgefunden habe. 
. . Das Stadium der Lehmhütte 
. 168. esterwitz, Striesen u. s. w. .7 
wdsene brserner. mag noch in slawischer Zeit über- 
wunden worden sein, sie wurde aber 
nicht durch das Mauerwerk, sondern mutmaßlich durch den Fachwerkbau mit 
Klaiberfüllung abgelöst, und wo dazu der Lehm fehlte, der nahe Wald aber 
genügend Holz darbot, wird man — auf slawischer Seite — zum Balken- 
blockwerk übergegangen sein. Aber der Bohlenstuhl (Fig. 169), das Um- 
gebinde, hat sich, wie schon bemerkt, in 
  
—) ursprünglicher Form erhalten, und noch 
heute entdeckt man an vielen, im Erd- 
n geschoß gemauerten Bauernhäusern bei 
genauerem Zusehen die Ansatzstellen, 
wo früher Säulen und Büge das Ober- 
geschoß oder das Dachwerk stützten, 
1. ¾l!“ 1 ". I. und weil für die gemauerte Umfassung 
1 l der alte Sockel des Umgebindes benutzt 
UNHN z —:wurde,oderweildiealteUmfassung 
Fig. 169. Langburkersdorf. Umgebinde bis nach Fertigstellung der neuen bei- 
und Oberstübel. behalten werden sollte, tritt nun das 
Erdgeschoß-Mauerwerk in nicht eben rationeller Weise über die Flucht des 
schützenden Obergeschosses heraus. 
Zur Vervollständigung des Bildes vom slawischen Bauernhause füge 
ich noch hinzu, daß sein Dach als einfaches Satteldach, ohne Abwalmung 
und ohne Giebelschmuck zu denken ist und daß zur Dachdeckung ursprüng- 
lich wohl ausnahmslos Stroh verwendet wurde. Die Schindeln scheinen 
nach ihrer Terminologie und bei der Abhängigkeit vom Walde, die sie be- 
dingten, eine deutsche Erfindung zu sein; ihre Herstellung setzt außerdem 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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