Full text: Sächsische Volkskunde.

O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 425 
stattgefunden habe. Wenn die Ortsbezeichnungen wie Kamin (in Schlesien), 
Kamnitz (in Böhmen), Chemnitz (in Sachsen) wirklich daher rühren sollten, 
daß die umwohnenden Slawen hier zum erstenmale die Bekanntschaft der 
ihnen bis dahin unbekannten Kaminanlage machten, so könnte sich diese Be- 
zeichnung (die Etymologen führen die Namen Chemnitz und Kamnitz auf das 
altslawische Kamjenica — Steinbach zurück) vielleicht nur auf den gemauerten 
Rauchkanal, den Schornstein beziehen. Wir haben aber gesehen, daß dieser in 
damaliger Zeit kaum je aus Mauerwerk, sondern vielmehr aus Lehmstaken her- 
gestellt wurde. Andererseits zeigen die nachher zu besprechenden Leuchtkamine 
vollständig die Anordnung eines Heizkamins im kleinen (vergl. Fig. 186); sie 
könnten geradezu als Modell eines solchen gelten; man wird somit nicht fehl gehen, 
wenn man als Vorgänger der Stubenöfen in vielen sächsischen Bauernhäusern 
den Heizkamin das (Cheminée) annimmt. Auffällig bleibt es freilich immerhin, 
daß sich keinerlei Reste oder Anzeichen davon, weder thatsächliche noch im 
Sprachgebrauch oder in Aufzeichnungen, erhalten haben; jene Leuchtkamine 
könnten vielleicht durch die Vlämen in Sachsen eingeführt worden sein, not- 
wendige Voraussetzung für ihre Anlage war aber eine gemauerte Stubenwand. 
Die ältesten Heizeinrichtungen, die uns erhalten blieben, sind die sogen. 
Hohlöfen, deren Ziegel= oder Kachelwandungen einen einzigen turmartigen 
hohlen Raum bilden, ohne Züge und ohne Rost. Die Einfeuerung erfolgt 
vom Hausflur oder von der Küche aus, durch einen niedrigeren Teil, der 
zwischen der Stubenwand und dem Ofenaufbau liegt, hindurch, es ist deshalb 
die sogenannte Ofengabel dazu erforderlich, obgleich die Holzscheite gesetzlich 
nicht länger als eine Elle geschnitten werden durften. Die meist ungewöhnlich 
großen Kacheln zeigen häufig antikisierendes Ornament in Flachrelief und 
verschiedener Färbung oder die kurfürstlichen Initialen; sie mögen häufig 
älter sein als das Haus, dem sie jetzt dienen und haben sich vorher wohl in 
Räumen befunden, die mit ihrer Erscheinung mehr im Einklang standen als 
jetzt. Die Einfeuerungsöffnung wurde früher abends mit einem gut ein- 
gepaßten Stein verschlossen, der Rauch zog durch einen Mauerschlitz aus dem 
Ofen nach dem Hausflur zurück und suchte sich hier den Weg nach dem, wie 
bemerkt, offenen, an der Decke beginnenden Schornstein allein, oder er wurde 
unter einem aus Lehmstaken hergestellten flachen Gewölbe, wie unter einer 
umgekehrten Kornmulde, über den Vorplatz hinweg dorthin geleitet. Der 
Mangel eiserner Feuerthüren und blecherner Rauchrohre kann uns nach dem 
über Eisenarbeiten früher Bemerkten nicht überraschen. In feste Verbindung 
mit dem Stubenofen kam aber jederzeit ein gußeiserner Wasserbehälter (der 
„Kacheltopf"), oder ein kleiner Waschkessel, auch wurde eine „Röhre“ eingebaut, 
in der das Essen gekocht werden kann. Außerdem steht jetzt manchmal in 
Verbindung mit der Stubenfeuerung ein Kartoffel-Dämpffaß, worin das 
Viehfutter mit Zuhilfenahme des Wasserdampfes gar gekocht wird. Den
	        
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