O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 431
beständiger und wehrhaftiger sind“". Die Bauten sollen nicht „gespindet"
(mit Brettverschalung) noch mit „getrennten Kellern", (deren Decke auf-
getrennte, halbierte Stämme bilden) erbaut werden. Die Beschaffung des
Holzes von anderer Seite, etwa aus Gemeindewaldungen, war zwar nicht
verboten, es muß vielmehr noch jahrhundertelang in großem Umfange statt-
gefunden haben, auch war man dabei nicht besonders wählerisch, denn in
der Leipziger Gegend wurden noch im neunzehnten Jahrhundert Balken und
Sparren vielfach aus Espenholz angefertigt; es wurde aber in jener Forst-
ordnung ausdrücklich gesagt, daß das Bauen thunlichst in engen Grenzen
gehalten werden soll. Ob die Bezeichnung „steinreich" bei solchen Bauern
entstanden ist, die sich den Luxus eines steinernen Hauses leisten konnten,
lasse ich dahin gestellt sein. Die Abneigung gegen die Holzkonstruktionen
führte noch im Jahre 1873 dazu, eine Maskierung der Bohlenwände mittels
eines äußeren Überzuges aus Stroh und Lehm auf dem Verordnungswege
zu empfehlen.
Eine eigenartige Erscheinung sind die Doppelwände als Erdgeschoß-
Umfassungen. Sie sind dadurch entstanden, daß zwischen die Säulen und
Rahmen des Umgebindes nachträglich eine Art Mantelmauer, von der ur-
sprünglichen inneren Wand durch einen Hohlraum getrennt, eingefügt wurde,
vor den Fenstern natürlich auch mit Offnungen versehen. Aus eigner An-
schauung kenne ich ein Beispiel dieser Art, in Wachwitz, vom Jahre 1625.
Besondere Fensterumrahmungen aus Werkstücken, etwa mit Vor-
sprung gegen die Mauerfläche, waren in den Gebäudemauern so wenig ge-
bräuchlich wie Sockelvorsprünge oder sonstige Gesimse; höchstens wurde ein
leidlich gerade bearbeiteter Stein als Sturz über die Fensteröffnung gelegt
und die Hausthüren erhielten allenfalls ein Steingerüste mit Namensabkürzung
und Jahreszahl, selten weisen diese aber weiter zurück als bis in die Mitte
des vorigen Jahrhunderts. Die Fensternische liegt manchmal nach außen.
Das Bedürfnis nach einem zweiten Aufenthaltsraume, um außer der
großen Stube als Schlafraum oder Wochenstube zu dienen, um das Gesinde
abzusondern oder um die Milchvorräte in mäßiger Wärme aufzubewahren,
wird sich in vielen Wohnungen schon früh herausgestellt haben. Als Ab-
trennung wurde dann regelmäßig eine Wand, senkrecht zur Hausflurwand
und so aufgeführt, daß die eine Langseite des Ofens einen Teil dieser Wand
bildet; beide Räume werden somit gleichzeitig durch den einen Ofen erwärmt
(vergl. Fig. 184, Erdgeschoß des jetzigen Wohnhauses von Fig. 177). Auch
erhielt diese Nebenstube einen direkten Zugang aus dem hinteren Teile
der Hausflur bezw. aus der Küche. Da auch sie ein Eckraum ist, gewähren
auch ihre Fenster freien Ausblick nach zwei Seiten, nach der Straße und
der Rückseite des Wohnhauses. ·