O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 435
Einc befremdliche Erscheinung bei alten Bauernhäusern, die weit seitab
vom Weltverkehr stehen (ich nenne nur Hohenleipa oder Bärenfels (Fig. 189),
sind die Mansardendächer. Daß der Bauer die Zweckmäßigkeit dieser
Form für seine Bedürfnisse (ausgiebige Vorratsräume für Rauchfutter) er-
kannte, ist begreiflich; aber wie wurde seine Bekanntschaft mit ihr vermittelt?
Die Zeit ihrer Entstehung (um die Wende des jetzigen Jahrhunderts) ließ
mich vermuten, daß es ehemalige
Soldaten waren, die auf ihren — ,
Kriegszügen diese Dachform ##. EcllC
kennen gelernt hatten. * — J
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Die Einteilung und Nutzung . *J3
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des Oberbodens ist selbst. —
redend nach der Größe des R 3
Wohnhauses verschieden. Ab-
gesehen von dem schon erwähn-
ten teilweisen Ausbau für Wohn-
zwecke (oft für den Auszügler
dienend) nimmt aber fast immer
den größten Teil des über Wohn= und Stallräume sich ungeteilt erstreckenden
Dachraums der Schüttboden für Körnerfrüchte ein; daneben sind meist
einige Lattenverschläge vorhanden, bestimmt, ausgemusterten Hausrat und
Wirtschaftsinventar aufzunehmen, die schon erwähnte Räucherkammer befindet
sich hier (Fig. 190) und im Giebeldreieck ist häufig ein Taubenschlag
eingebaut.
Die Unterbringung der Brennholzvorräte auf dem Dachboden ist auf
dem Dorfe nicht üblich; sie ist wegen der Feuersgefahr nicht gestattet, und da
Fig. 189. Bärenfels.
Räuch-Kammer
Hafer- Spreu- E## Wetterfahme
1433
A
Getreide-
Boden
Boden 1 BPoden
Fig. 190. Dachboden zu Fig. 185.
sich anderer Platz dazu vorfindet, auch nicht nötig. Am häufigsten dienen als
Ersatz die Holzdiemen oder Feimen, jene kunstvoll aus Holzscheiten ausge-
bauten Kegel mit kuppelförmiger Abdachung (vergl. Fig. 189 und 199); in
manchen Gegenden ist es auch gebräuchlich, die Wohnstuben-Umfassung äußer-
lich mit einem Mantel geschichteten Scheitholzes zu umgeben, in welchem nur
die Fensteröffnungen ausgespart werden und der, durch den Dachvorsprung
gedeckt, seinerseits gegen Kälte und Nässe schützt.
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