O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 437
verwickelte Dachverschneidungen geradezu überrascht, die einfache Dorfzimmer—
leute zu stande gebracht hatten (Fig. 193 aus Bärenfels), auch ächte, geborene
Poeten habe ich unter solchen Zimmerleuten kennen gelernt. — Die eigen-
artige Verbindung des Walms mit einem kleinen offenen Giebeldreieck (dem
Eulen- oder Uhlenloch des —O
niedersächsischen Bauern-
hauses) habe ich im König-
reiche Sachsen bisher nirgends
angetroffen, obgleich sie in
Schlesien wie in Nordböhmen
noch vorhanden ist.
Nächst dem Stroh spielte
die Schindel früher die Haupt-
rolle unter den Dachdeckungs- « «
Materialien; im Flachlande
kommt sodann der Ziegel, im
Gebirge der Schiefer in Betracht. Bei den Schindeln handelt es sich nicht
um die scheitähnliche „Legeschindel“ der Alpenländer, die durch aufgelegte
Stangen und Steine festgehalten wird, sondern um die viel kleineren „Nagel-
schindeln“, die mittels Nut und
Feder ineinander geschoben und 1
durch einen Nagel auf der Latte
befestigt werden. Der Schindel-
verkleidung, an Giebeln u. s. w.,
liegt aber ein anderes Prinzip zu-
grunde (vergl. Fig. 207). Die Ver-
fertiger der Schindeln werden noch
jetzt da und dort „Schindler"“ ge- —
nannt. — Die Ziegel (Biber-
schwänze) werden zumeist „auf den
Span“, mit Weißkalk-Querschlag
eingedeckt und für den Schiefer
ist die sogenannte deutsche Deckweise
im Gebrauch, welche die Verwen- — —
dung der ziemlich dick und in sehr ¶ Schoune ###l in Papperitz.
verschiedener Größe ausfallenden Fig. 194. litzableiter mit Wetterfahne
polygonen Schieferplatten gestattet, «. «
während die englische Deckmethode lauter gleichmäßig große, dünne Recht-
eckplatten voraussetzt, wie sie unsere Lößnitzer Brüche nicht zu liefern
vermögen.
Blecherne Dachrinnen und Blitzableiter finden sich auf alten Wohn-
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Fig. 193. Bärenfels. Hslernahrung.