500 A. Kurzwelly: Die bäuerliche Kleinkunst.
und sie ist lange nicht so hart gebrannt wie diese. Die tiefdunkle, schwärzliche
Glasur des Grundes zeichnet sich meist durch großen Glanz aus, hat aber
mitunter auch einen stumpfen Ton. Meist ist der Grund ganz oder teil-
weise rautenartig oder schuppig gekerbt und durch schrägliegende, vergoldete,
zopf= oder kettenartige Bänder in Felder geteilt, welche zum Teil mit ge-
schickten, grellbunten Blumenmalereien, zum Teil mit erhabenen Figuren,
wie Tieren, Reitern, Fürsten, Heiligen, antiken Göttern in der Art der
Kreußener Figuren, vor allem aber mit Porträtbüsten im Kostüm der
Perückenzeit, vereinzelt auch mit Wappen gefüllt sind. Die Perückenköpfe
sind ein Hauptkennzeichen dieser Krüge. Oft treten sie gepaart auf, Mann
und Frau nebeneinander, so daß man an ein Braut= oder ein Ehepaar
oder gar an ein Regentenpaar denken möchte, trotzdem den Gesichtern porträt-
mäßige Züge fehlen. Auch dieser figürliche Schmuck ist bunt emailliert; die
— Büsten zeigen mitunter Vergoldung. Neben ihnen
sind weiß, rot und blau emaillirte, scharf stilisierte,
große Palmetten, die in Reihen den Hals und
den unteren Leib der Krüge dekorieren, für diese
charakteristisch. Außer Blau, Weiß und Rot tritt
noch Gelb in der Emaillierung auf. Die Farben
sind sehr dick aufgetragen, so daß der Effekt dieser
Krüge ein außerordentlich prächtiger ist. Die grell-
bunte Emaillierung, für einen gröberen Geschmack
berechnet, rückt diese Krüge der Bauerntöpferei
sehr nahe.
Neben kannenartigen Krügen kommen auch
sechs= oder achtseitige facettierte Schraubflaschen
mit diesem Dekor vor (Fig. 241). Sie erinnern schon
durch die Form noch unmittelbarer an Kreußener Ware als jene Krüge und
zeigen neben Perückenköpfen und schön gezeichneten Blumen auch buntemaillierte
Kerbschnittmuster und Blattfriese sowie rosettenartige Gruppen von kleinen,
bunten Emailtropfen als Dekor.
Diese Ware wurde lange allgemein auf Kreußen zurückgeführt. Indessen
bei der Verschiedenheit des Materials, der Glasur und der Emaillierung ist
an eine Herkunft von dort nicht zu denken. Neuerdings hat man sie für die
Niederlausitz bezw. für Schlesien in Anspruch genommen, der englische Kera-
miker Solon speziell für Vetschau in der Niederlausitz, von wo aus das Ber-
liner Kunstgewerbe-Museum verwandte Scherbenfunde bezogen hat. Allein
diese Zuweisungen bedürfen noch sehr der näheren Begründung.
Wenn wir sie vermutungsweise auf Sachsen zurückführen, so geschieht
es einmal, weil sie in Sachsen in besonders großer Zahl auftreten, dann
weil ihre Zinndeckel mehrfach sächsische Stempel (u. a. den von Schneeberg)