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A. Kurzwelly: Die bäuerliche Kleinkunst. 525
beseitigt und für das Aufstapeln unpraktisch gewordenen Eigentums auf dem
Boden eingenommen ist. Das läßt hoffen, daß es dem Sammeleifer des
Vereins für sächs. Volkskunde mit der Zeit gelingen wird, eine umfänglichere
Gruppe von sächsischen Bauernmöbeln zusammenzubringen.
Allem Anschein nach hat sich in Sachsen wie anderwärts in der Bauern—
stube das bemalte Möbel der größten Beliebtheit erfreut. Alte geschnitzte
Möbel sind jedenfalls auf dem Lande bei uns sehr selten. Solche mit echt
bäuerlicher Reliefschnitzerei sind überhaupt vorläufig nicht nachzuweisen. Daß
dieses Schnitzverfahren auf dem Lande immerhin nicht ganz verschmäht
worden ist, beweisen zwei sehr hübsche aus Holz geschnitzte Grabkreuze vom
Friedhof zu Possendorf im
Museum für sächs. Volkskunde,
diebeide in Flachrelief mit Blatt-
und Blumenornament a. a.
geziert sind (Fig. 270 u. 271).
Die Flachschnitzerei, die in
Süddeutschland und in Tyrol
auch an bäuerlichen Möbeln
soviel angewendet worden ist,
tritt vereinzelt auch in Sachsen
auf dem Lande auf, aber in
der Hauptsache nur an Kirchen-
möbeln der gotischen Epoche.
Hervorragend schöne Beispiele
sind die Gewandtruhe aus
der Kirche zu Untertriebel
bei Olsnitz im Museum des Fig. 270. Fig. 271.
Königl. sächs. Altertumsvereins
sowie die prächtige Kanzel aus der Schloßkirche zu Hohenstein und die
Reste spätgotischen Chorgestühls aus den Kirchen zu Liebstadt und Leipzig-
Eutritzsch in der nämlichen Sammlung, ferner das Chorgestühl in der
Stiftskirche zu Ebersdorf bei Chemnitz, endlich das Lesepult aus der Kirche
zu Erbisdorf im Altertums-Museum zu Freiberg und dasjenige aus der
Kirche zu Wahren bei Leipzig im Dresdener Kunstgewerbe-Museum. Die
Flachschnitzerei der beiden Lesepulte hat in der Zeichnung einen ziemlich
primitiven, einen halbbäuerlichen Charakter. Eine echt bäuerliche Flach-
schnitzerei ist kürzlich in den Besitz des Leipziger Kunstgewerbe-Museums
gelangt: ein ziemlich großer hölzerner Drehbohrer, aus der Gegend von Lützen
stammend, mit der Jahreszahl 1772 und mit primitiv gezeichnetem und an-
geordnetem Blumenornament.
Der Kerbschnitt, die bäuerliche Schnitztechnik Niederdeutschlands, vor