Full text: Sächsische Volkskunde.

526 A. Kurzwelly: Die bäuerliche Kleinkunst. 
allem Holsteins, zeigt sich bei uns nur im wendischen Bauernhaus häufiger, 
und zwar nicht nur an Geräten, sondern auch an Tellern. Mangelhölzer 
mit Kerbschnitt sind zur Zeit in Sachsen nur ganz vereinzelt nachweisbar, 
u. a. im Museum für sächs. Volkskunde. Ein ungewöhnlich frühes Beispiel 
von Kerbschnittverzierung ist ein kleines schlicht mit Stern und Kreuz 
dekoriertes Lesepult in der Kirche zu Crossen bei Zwickau: es ist mit der 
Jahreszahl 1477 bezeichnet. 
Inwieweit das bemalte Möbel, das bekanntlich überall in der Bauern- 
stube heimisch ist, in Norddeutschland ebenso wie in Thüringen, Hessen und 
Baiern und in Böhmen und Mähren gleichermaßen wie in den Alpenländern, 
inwieweit dieses in Sachsen besondere Formen angenommen hat und im 
malerischen Dekor besondere Eigentümlichkeiten aufweist, kann nur an Hand 
einer größeren Reihe von Beispielen erwiesen werden. 
An dem kleinen Kreis 
von Beispielen, der gegenwärtig 
im Museum für sächs. Volks- 
kunde dem Forscher zur Ver- 
fügung steht, läßt sich zunächst 
der aller Orten übliche Dekor 
beobachten: bunte Blumen- 
malerei auf gestrichenem Grund, 
daneben solche auf ungestriche- 
Fig. 272. nem Grunde, als besondere 
Eigentümlichkeit endlich bunte 
Blumenmalerei auf aus gestrichenem Grunde ausgesparten Feldern. Bei 
aller Schlichtheit zeugt dieser letztere Dekor von einer gewissen künstlerischen 
Berechnung: die kräftig bunte Blumenmalerei kommt auf den farbig ein- 
gerahmten, nackten Holzflächen zu besonderer Geltung. 
Im Museum für sächs. Volkskunde repräsentieren diese Art der Verzierung 
eine Truhe und eine Wiege, die beide aus der Dresdner Gegend stammen. 
Die Truhe (Fig. 272) stand ehedem in Obergorbitz bei Dresden und trägt 
die Bezeichnung „Johann Christian Lange 1778 an der Vorderseite. Ihre 
Form ist die denkbar einfachste. Sie besteht in einer schlichten, mäßig großen, 
rechteckigen Kiste, die auf Kugelfüßen ruht. An den himmelblau grundierten 
Wänden sind viereckige Felder ausgespart, von denen sich einzelne natura- 
listische, tulpenartige Blumenstengel abheben. Die Ecken der Felder zeigen 
rote Färbung. Die Mitte der Vorderwand ist durch ein Tulpenbouquet in 
spitzovalem Rahmen von braunweißer Färbung ausgezeichnet. Ganz ähnlich 
ist die Verzierung der Wiege (Fig. 273), die übrigens durch sehr große Kufen 
und hübsch profilierte Schmalwände auffällt. Die Blumenmalerei ist hier 
mannigfaltiger, die Schmalseiten schmücken üppig blühende Blumenstöcke. 
 
	        
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