A. Kurzwelly: Die bäuerliche Kleinkunst. 529
Besonders deutlich spricht sich der Stil der Entstehungszeit in einem
bemalten Schrank aus, der sich im Privatbesitz in Dresden befindet. Er ist
einthürig, von einer gewissen Eleganz der Verhältnisse und mit schwach ge—
schwungenem Gesims und eleganten Malereien in ausgesprochenem Louis XVI.=
Stil ausgestattet. Die hohen Seitenfelder der Vorderseite schmücken steife
antike Vasen auf Postamenten mit hohen Blumenbouquets, von denen
zierliche Guirlanden her-
abhängen; die breiteren
Thürfelder zieren gar
ovale Medaillons mit
Figurenmalerei: steif-
gezeichneten Genrescenen
im Geschmack des enden-
den vorigen Jahrhunderts.
Die beiden Bildchen sind
Varianten desselben Mo-
tivs: ein Herr und eine
Dame in modischer Tracht
bewegen sich in einem
Park zwischen antikischen
Postamenten und Vasen.
Die Medaillons werden
von zierlichen Blumen-
gewinden und Schleifen-
bändern umflattert. Der
Schrank trägt die Jahres-
zahl 1803.
Die gleiche halb städ-
tische Eleganz der Aus-
stattung zeigt ein unge-
mein reizvoller bemalter Schrank, der kürzlich in den Besitz des Museums für
sächsische Volkskunde gelangt ist (Fig. 278). Beinahe kann man sich versucht
fühlen, ihn nicht als Bauernmöbel gelten zu lassen, so vornehm ist seine
Gesamtwirkung. Allein die schlichten Blumenmalereien, die Sockel und
Gesims und die Umrahmungen der Thüren schmücken, und die plumpe
Rocaillemalerei, die seine Pilaster ziert, stellen seine Herkunft von der
Bauernkunst außer allen Zweifel. Der streng architektonische Aufbau des
Ganzen nach Art der Barockschränke, die sorgfältige Profilierung des Gesimses
und des Untersatzes und die Gliederung der Facade durch Pilaster mit
korinthisierenden Kapitälen, diese Merkmale weisen auf das 17., beziehentlich
auf den Beginn des 18. Jahrhunderts zurück und wollen nicht zu der
Wuttke, sächsische Volkskunde. 2. Aufl. 34
Fig. 26.