544 Die wendische, vogtl. u. altenburgische Volkstracht im 18. u. 19. Jahrhundert.
Hochkirch und Göda zeigt keinen großen Unterschied gegen diejenige der
Katholiken: der Bräutigam trägt nur an der linken Seite des Filz-
hutes, der vorn oft mit einer großen Schnalle versehen ist (Tafel II, b),
ein grünseidenes Band. Mehr Unterschied finden wir bei dem weiblichen
Geschlecht. Die Braut legt auf den bloßen Kopf einen Rautenkranz
(Tafel II, a), die Mädchen schmücken sich mit einem Blumenkranze (Tafel II,
Tc u. d). Die Braut trägt Kleid und Schürze gern von gleicher Farbe. Altere
Frauen und neuerdings auch die Bräute bevorzugen ein schwarzseidenes Kleid.
Die Puffärmel sind eingeschnürt, was bei den katholischen Wenden (vergleiche
Dr. Mucke in „Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser") nie vorkommt.
Die Frauen verwenden eine schwarzsammetne Haube mit Spitzen (kleprowana
kapa), die nnter dem Kinn eine kleine hellfarbige Schleife zeigt, unter
der sich die schon erwähnte Frauenhaube befindet (Tafel II, f). In Göda
tragen die Brautjungfern die große Räder= oder Flügelhaube (kridlata.
kapa)z; die kleine Schleife unter dem Kinn hat sich hier zu einer stattlichen
weißen Krause entwickelt. Über das Mieder ist ein Brusttuch gewunden
und die Hemdärmel sind zu Puffen oder Bauschen zusammengezogen
(Tafel II, e). Über der Schürze hängen bei den älteren Frauen zwei schwarz-
seidene, bei den Mädchen hellfarbene Bänder herab. Tafel II, g zeigt uns
eine Konfirmandin aus der Bautzner Gegend.“)
Wie in Sitten und Gebräuchen, wie in der Mundart sich der Vogt-
länder noch heute Eigenes bewahrt, so besaß auch seine Tracht Eigenheiten.
Sie ist in dunkleren Farben gehalten als die wendische, und dunkelblaue und
violette Töne treten häufig auf. Der Deutsche und zumal der in den Bergen
wohnende unterscheidet sich gern durch dunklere Kleidung von dem Slawen.
Slawischer Einfluß ist aber hier und da zu beobachten, daran erinnern die
weißen Trauerhauben in einigen vogtländischen Gegenden.
Die Männer waren im 18. Jahrhundert mit einem großen Filzhut und
später, als die Rococomode allüberall sich geltend machte, mit dem Dreimaster
bedeckt; über die gestreifte „gittrete“ Weste, oft mit blanken Knöpfen ver-
*) Dagegen haben sich in der evangelischen Neschwitzer Gemeinde die wendischen
Volkstrachten z. T. noch erhalten, namentlich die Abendmahlstracht. Die Konfir-
manden tragen hier die alte wendische Abendmahlstracht bei der Konfirmation und der
mit ihr verbundnen erstmaligen Kommunion. Eine wie die andere hat das Haupt bedeckt
mit dem einfachen weißen Leinentuche, als Erinnerung an das uralt gebräuchliche weiße
Taufgewand (Erneuerung des Taufbundes), und trägt an der Stirn die schmale weiße
Buß= oder Trauerbinde. Jede ist bekleidet mit dem schlichten schwarzen Rock. Der Zug
der Konfirmanden in der hier dargestellten Gestalt besteht in Neschwitz offenbar seit Ein-
führung der öffentlichen Konfirmation, und die Gemeinde hält selbst darauf, daß die
uralte wendische Beicht= und Abendmahlstracht hierbei von allen ihren Konfirmandinnen
auch heute noch getragen wird. Vergl. die Abbildung Fig. 284, welche nach einer uns
von Herrn Pfarrer G. Jacob in Neschwitz gütigst zur Verfügung gestellten Original-
Photographie angefertigt wurde.