Full text: Sächsische Volkskunde.

J. V. Deichmüller: Sachsens vorgeschichtliche Zeit. 51 
In einem Männergrabe lagen neben dem Skelett eine Lanze, zwei Messer und 
eine Schnalle aus Eisen, in einem Frauengrabe zwei silberne mit Gold aus- 
gelegte Fibeln (Fig. 120), bronzene Riemenbeschläge (Fig. 121) und Glas- 
und Thonperlen. Die Formen dieser Gegenstände sind so charakteristische, 
daß jeder Zweifel über ihre Herkunft ausgeschlossen ist: derartige Waffen und 
Schmuckstücke gehören zu den gewöhnlichsten Beigaben der Gräberfelder der 
Merowingerzeit in Südwest= und Westdeutschland. 
Anderer Art ist das Inventar der rein slawischen Gräber. So wenige 
derselben auch bisher in Sachsen entdeckt worden sind, so zeigen sie uns doch, 
daß hier dieselben Verhältnisse und Sitten herrschten, wie in anderen, an 
slawischen Gräberfeldern reicheren Gegenden. Leichenbestattung war allgemein 
üblich, die Toten wurden in tiefen Gruben unter Beigabe von Schmuck- 
und Gebrauchsgegenständen, wie Schläfenringen, Glasperlen, kleinen eisernen 
Messern und Thongefäßen beerdigt. Daß sich diese Sitte bis in die 
früheste christliche Zeit erhalten hat, zeigen die Gräber von Sobrigau bei 
Dresden.“) 
Alle diese Funde gewähren uns nun einen Einblick in die häuslichen 
und wirtschaftlichen Verhältnisse der slawischen Bewohnerschaft unseres Landes 
in der zweiten Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrtausends. 
In der ersten Zeit der slawischen Einwanderung dienten ein- 
fache, mit Lehm beworfene Hütten als Wohnung, später ging 
man, wohl unter dem Einfluß der germanischen Nachbarn, zu 
geregelten Dorfanlagen mit festen Wohnhäusern über. Zum 
Schutze der Ansiedelungen wurden Erdschanzen errichtet, in 
welche man sich in Zeiten der Gefahr zurückzog. Zu den Haupt- 
beschäftigungen gehörten Ackerbau und Viehzucht, daneben Jagd 
und Fischerei. Der Acker wurde mit rohen Werkzeugen bestellt, von dem wahr- 
scheinlich hölzernen Pflug hat sich allerdings nichts erhalten, Weizen und 
Hirse wurden als Feldfrüchte erbaut. Für eine ausgedehnte Viehzucht sprechen 
Knochen von Rind, Schwein, Schaf, Ziege und Pferd, die häufig in den 
slawischen Niederlassungen vorkommen. Als Hausgenossen erscheinen Hund, 
Katze und Geflügel. Auf der Jagd erlegt man den Hirsch, das Reh, den 
Hasen, wie den Fuchs und den Dachs. Reste von Fischen beweisen, daß auch 
den Bewohnern des Wassers nachgestellt wurde. 
Von Handfertigkeiten ist die Metallbearbeitung ganz zurückgetreten, die 
Töpferei dagegen hat sich durch Anwendung der Töpferscheibe bedeutend ver- 
bessert. Auch die Weberei gehörte zu den häuslichen Beschäftigungen, wie 
  
*) F. Theile: Uralte Christengräber bei Sobrigau unweit Lockwitz bei Dresden. 
Dresden 1891. Mit Abbild. 
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