Full text: Sächsische Volkskunde.

78 Ed. O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 
mit Reiterlehen ausgestattete unfreie Dienstmannen bäuerlicher Art, jene 
„milites agrarii“, die bald den Hauptbestandteil der ritterlichen Ministeri- 
alen abgaben. 
Das Land war durch die Eroberung Königsland, die Sorben waren 
nach Kriegsrecht unfreie Leute des Königs geworden. Seit der Mitte des 
10. Jahrhunderts berichten zahlreiche Urkunden, wie Land und Leute von 
den Königen an ihre Getreuen, zu Eigen und zu Lehen, gegeben wurden, als 
Lohn für geleistete, als Grundlage für ferner zu leistende Dienste. 
Ausgedehnte Landstriche wurden der Kirche, den Bistümern Magde- 
burg, Merseburg, Naumburg-Zeitz, Meißen, übereignet. Größere Komplexe 
Allodialbesitzes vereinigten sich in der Hand einzelner Herrengeschlechter; da- 
neben gab es kleinere Allodialgüter im Besitz von Freien und Ministerialen. 
Alles andere nicht zu Eigen gegebene Land ging, unmittelbar oder mittelbar, 
vom Reiche zu Lehen: die großen Amtslehen der Grafen, die Lehen der kleinen 
Edlen und die der zahlreichen Reichs-Ministerialen. Auch jene großen Be- 
sitztomplexe der vornehmen Edlen und der Kirche wurden mehr und mehr in 
kleine Lehen aufgeteilt und an Freie und Dienstmannen ausgethan. 
Die Herkunft all dieser adligen Geschlechter ergiebt sich auf Grund der 
lange noch mit dem Besitz wechselnden Namen und besonders der Wappen 
und der Besitzverhältnisse. Mit nur wenigen Ausnahmen gehören sie den 
Geschlechtern der nächstliegenden Gaue links der Saale, im alten Sachsen, 
Thüringen, Franken, an. Wendische Bestandteile unter ihnen sind vielleicht 
nicht völlig abzuweisen, aber doch ganz verschwindend gering. 
Diesen großen und kleinen deutschen Herren stand nun auf der andern 
Seite eine an Zahl ihnen weit überlegene sorbische Bevölkerung gegenüber. 
Nicht in Städten etwa; denn solche gab es in dieser Periode in unserm 
Gebiete noch nicht; weder in dem Sinne eines mit mehr oder minder 
Autonomie in Recht, Verfassung und Verwaltung ausgestatteten Gemein- 
wesens von eigenartiger Wirtschaftsentwicklung, noch in dem einer größeren 
Anhäufung von Menschen, von denen ein beträchtlicher Teil lediglich von 
dem Ertrag seiner händlerischen und gewerblichen Thätigkeit lebt. 
Noch bewegte sich die ganze Wirtschaft viel zu sehr auf naturalwirt- 
schaftlicher Basis und in hauswirtschaftlichen Formen. Die freien Überschüsse 
der bäuerlichen Bevölkerung mochten gerade genügen, um diejenigen not- 
wendigen Artikel einzutauschen, die nicht in der eigenen Wirtschaft erzeugt 
werden konnten, wie Salz und Eisen, gelegentlich auch wohl Waffen und 
Schmucksachen. Alles übrige wurde durch Hausfleiß hervorgebracht. Für 
gewerbliche Arbeitsteilung oder gar für berufsmäßige Absonderung Gewerb- 
treibender aus der ackerbauenden Schicht fehlten noch fast alle Voraussetzungen. 
Den Rittern und Herren, den Hofhaltungen der Fürsten und Bischöfe, 
lieferten die hörigen Zinsleute und die Arbeiter der Fronhöfe die Erforder-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.