82 VGB. Baufluchtliniengesetz.
kann, wenn die Zustimmung der Gemeindevertretung zu dem Vorschlage
des Gemeindevorstandes vorhanden ist (OVG. 14, 384). Die Versagung
der Erlaubnis zu den Neubauten usw. bezweckt, die Gemeinde dagegen
zu schützen, daß ihr das für die Straße zu erwerbende Land ver—
teuert wird. Die Polizeibehörde ist aber nicht verpflichtet, die Bau-
erlaubnis zu versagen (OVG. 53, 403). Als „Bebauung“ gelten auch
Schuppen, Türme, Denkmäler, Tore, Mauern; doch wird damit das Recht
jedes Grundeigentümers, sein Besitztum soweit nötig zu umwehren, nicht
berührt. Auch wird die Erlaubnis unter der Bedingung erteilt werden
können, daß die Baulichkeit wieder entfernt werde, sobald die Straße ein-
gerichtet wird. — Mit dem vorhergedachten Tage der zweiten Offenlegung
erhält auch die Gemeinde das Recht, die durch die festgesetzten Straßen-
fluchtlinien für Straßen und Plätze bestimmte Grundfläche dem Eigen-
tümer zu entziehen (§ 11), ohne daß es zu solcher Enteignung
hier der landesherrlichen Genehmigung bedarf. — Durch
Ortsstatutu) kann verboten werden, daß an Straßen oder Straßen-
teilen, welche noch nicht gemäß den (durch besondere Pol Ver. festzustellen-
den) baupolizeilichen Bestimmungen des Ortes für den öffentlichen Ver-
kehr und den Anbau fertig hergestellt sind, Wohngebäude, die nach
diesen Straßen einen Ausgang haben, errichtet werden (§ 12); aus-
genommen sind längst bestehende sog. „historische“ Straßen, die nach dem
früheren Rechte für den öffentlichen Verkehr und den Anbau fertig her-
gestellt waren, OVG. 3, 304; 9, 318; 15, 147; doch hilft hier § 9
KA. 14. 7. 93 den Gemeinden). Das Ortsstatut bedarf der Bestätigung
des Bezirksausschusses 2), gegen dessen Beschluß binnen 2 Wochen Be-
schwerde an den Provinzialrat zulässig ist (8G. § 16, LVG. 8 121).
Eine Entschädigung kann wegen der nach § 12 eintretenden Beschränkung
der Baufreiheit (an unregulierten Straßen) überhaupt nicht und wegen
der Entziehung oder Beschränkung des von der Festsetzung neuer Flucht-
linien betroffenen Grundeigentums nur in folgenden Fällen gefordert
werden:
a) wenn die zu Straßen und Plätzen bestimmten Grundflächen auf
Verlangen der Gemeinde für den öffentlichen Verkehr abgetreten
werden;
b) wenn die Straßen= oder Baufluchtlinie vorhandene Gebäude (d. h.
ein bebautes Grundstück, also auch ein bisher bebaut gewesenes; RGer. 21,
212) trifft und das Grundstück bis zu der neuen Fluchtlinie von Ge-
bäuden freigelegt wird (d. h. gewöhnlich, wenn der Eigentümer mit dem
Neubau an der neuen Fluchtlinie ernst macht);
c) wenn die Straßenfluchtlinie einer neu anzulegenden Straße
(Querstraße) ein unbebautes, aber zur Bebauung geeignetes Grund-
stück trifft, welches zur Zeit der Feststellung dieser Fluchtlinie an einer
bereits stehenden und für den öffentlichen Verkehr und den Anbau fertig-
gestellten anderen Straße belegen ist, und die Bebauung in der Fluchtlinie
der neuen Straße erfolgt (auch hier also soll der Eigentümer der un-
1) In Berlin Ortsstatut 1 v. 11. 1. 10.
2) In Berlin des Ministers des Innern (ZG. 8 146). — Da ein Ortsstatut für Gutsbezirke
nicht erlafsen werden kann, können auch Fluchtlinien für diese nicht festgesetzt werden (OV G. 55, 244).